Ein denkwürdiger Schlag gegen die Hisbollah

Ein denkwürdiger Schlag gegen die Hisbollah

Einkauf mit überraschender Wendung: Der Mann im hellen Hemd trug einen Hisbollah-Pager bei sich, der auf einmal explodierte. Foto: Emanuel (Mannie) Fabian, X, Screenshot CSI

Im Libanon detonieren fast 2.800 Pager, die Hisbollah-Terroristen bei sich tragen. Diese Israel zugeschriebene Operation versetzt die Welt in Staunen. Ganz nach Plan lief sie aber nicht ab.

Es ist eine Operation, die das Attribut geschichtsträchtig verdient: Um etwa 15:30 Uhr Ortszeit explodierten am Dienstag im Südlibanon und in Syrien hunderte Pager, die Hisbollah-Terroristen mit sich führten. Mit diesen kleinen Funkempfängern kommunizieren sie miteinander. Infolge der Explosionen wurden zwölf Personen getötet, darunter zwei Kinder. Fast 2.800 Terroristen erlitten teils schwere Verletzungen.

Auch der iranische Botschafter wurde mit Verletzungen behandelt. Er war offenbar in Besitz eines Pagers. Der Iran fördert und dirigiert die terroristischen Aktivitäten der Hisbollah.

Bei einem der Kinder handelt es sich libanesischen Angaben zufolge um den Sohn des Hisbollah-Abgeordneten Ali Ammar. Dieser gehört mit Unterbrechungen seit 1992 dem Parlament an. Außerdem wurde die zehnjährige Tochter eines Hisbollah-Terroristen getötet, als diese im Augenblick der Explosion neben ihrem Vater stand.

Explosion beim Einkauf

Nach den ersten Meldungen über die Explosionen kursierten in den Sozialen Medien Aufnahmen von Kamerabildern. Sie zeigen, dass einige der Terroristen gerade ihren Alltagsgeschäften wie einem Einkauf nachgingen.

Auf den Straßen und in den Krankenhäusern trugen sich in der Folge teils chaotische Szenen zu. Videos auf Social Media zeigten verwundete Männer, die auf den Fluren der Krankenhäuser auf ihre Behandlung warteten.

Hisbollah: Vergeltung kommt

Die Operation dürfte als massenhafter Präzisionsangriff auf Terroristen in die Geschichte eingehen. Sie wird Israel zugeschrieben, doch die Regierung in Jerusalem kommentierte dies bislang nicht.

Für die Hisbollah stellt der Schlag eine Demütigung dar. Sie teilte mit, dass sie die Angriffe auf Israel unabhängig von dem Vorfall im Dienstag fortsetze, kündigte aber auch Vergeltung an. Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah will sich am Donnerstag dazu äußern.

Berichte: Pager-Lieferung präpariert

Als am späten Dienstagnachmittag das Ausmaß der Operation klar wurde, mehrten sich die Spekulationen über die Durchführung. Nach derzeitigem Kenntnisstand waren die Lithium-Batterien der Pager mit 20 Gramm hochexplosiven Stoffes versehen. Ein speziell codierter Anruf brachte die Batterie zur Überhitzung und zur Entzündung, der Sprengstoff tat dann sein Übriges.

Vermutlich handelt es sich bei dem Sprengstoff um Nitropenta (PETN, auch Pentrit). Unter normalen Bedingungen bleibt er stabil. Er kann aber durch Hitze, Stöße oder eine elektrische Ladung zur Explosion gebracht werden.

Nach Informationen der amerikanischen Zeitung „New York Times“ hatte der israelische Auslandsgeheimdienst bereits vor Monaten eine Lieferung von 5.000 Pagern abgefangen und präpariert. Ein libanesischer Sicherheitsbeamter sprach laut der Nachrichtenagentur „Reuters“ am Mittwoch von einem „nie dagewesenen Sicherheitsverstoß“.

Ungarischer Hersteller

Bei den Pagern handelte es sich um das Modell AR-924 des taiwanesischen Unternehmens Gold Apollo. Dessen Gründer Hsu Ching-kuang verwies am Mittwoch jedoch auf das Budapester Unternehmen BAC Consulting. Dieses habe die Pager entworfen und hergestellt, aber mit den entsprechenden Rechten unter der Marke Gold Apollo verkauft.

Hsu beschrieb die Zahlungsflüsse bei BAC als „sehr seltsam“. Sie seien über den Nahen Osten erfolgt, sagte er weiter, gab aber keine weiteren Details an. Eine Anfrage der Nachrichtenagentur „Reuters“ per Email bei BAC blieb zunächst unbeantwortet. Die Netzseite von BAC war am Mittwoch nicht aufrufbar.

Die Hisbollah greift eigentlich auf Pager zurück, um Abhörversuchen zu entgehen. Auf Anweisung von Nasrallah sind Mobiltelefone für die Kommunikation verboten.

Operation unter Zeitdruck

Indes scheint der Angriff nicht wie geplant erfolgt zu sein: Nach Informationen der amerikanischen Nachrichtenseite „Axios“ war die Operation eigentlich als Auftakt für eine große Militäraktion gegen die Hisbollah geplant. Doch es gab Befürchtungen, dass der Plan auffliegt. Daher hätten sich die Verantwortlichen dazu entschieden, ihn vorzeitig auszuführen.

Nichtsdestotrotz gilt die Operation als großer Erfolg des Mossad. Er reiht sich ein in weitere beeindruckende militärische Unternehmungen: Ende Juli tötete Israel den Hisbollah-Kommandeur Fuad Schuker. Einen Tag später wurde der damalige Hamas-Chef Ismael Hanije in Teheran getötet, hierzu hatte sich Israel allerdings nicht geäußert. Hinzu kommen militärische Erfolge wie der Schlag gegen die Huthi-Terroristen in der 2.000 Kilometer entfernten Hafenanlage in der jemenitischen Küstenstadt Al-Hudaida oder gegen die Waffenfabrik des Iran in Syrien.

Diesen Erfolgen stehen freilich auch Rückschläge entgegen: So gelang es den Huthis im Juli, mit einer Drohne einen Mann in Tel Aviv zu töten. Erst am Sonntag drang eine Huthi-Rakete tief in israelischen Luftraum ein.

Hinzu kommt die nach wie vor schwierige militärische Lage: Israel kämpft mit Verlusten weiter im Gazastreifen, zahlreiche Geiseln sind weiter in der Hand der Hamas. Zudem ist die Grenzregion im Norden ist noch immer evakuiert und steht unter ständigem Beschuss der Hisbollah. (Israelnetz)

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