Vor 2700 Jahren verkündete Gott dem Volk Israel durch den Propheten Jesaja eine Vision der Zukunft: „Fremde werden dastehen und euer Vieh weiden und Ausländer werden eure Bauern und eure Weingärtner sein.“ (Jesaja 61,1) Doch wie lassen sich diese Worte deuten und auf wen beziehen sie sich? Jerome Garbers, Teilnehmer einer Reisegruppe von Junge Christen an der Seite Israels (JCSI), hat vielleicht einen kleinen Teil der Antwort miterlebt.
Von Jerome Garbers
Bezieht sich die Aussage Jesajas auf ausländische Arbeiter nach der Rückkehr der Israeliten aus der babylonischen Gefangenschaft? Oder ist hier vielleicht eine metaphorische Darstellung eines noch zukünftigen Reiches unter der Herrschaft von Jesus Christus gemeint? Vielleicht jedoch hatte Jesaja auch folgendes Bild vor Augen: Eine Gruppe von 26 Menschen – Sachsen und Schwaben, Alt und Jung –, die dem Ruf von Junge Christen an der Seite Israels (JCSI) gefolgt sind, im Februar 2025 für eine Woche nach Israel zu reisen, um mit der Gartenschere in der Hand dem israelischen Weinbauer Jakob unter die Arme zu greifen.
Claudia, ehrenamtliche Mitarbeiterin bei JCSI und Leiterin dieser besonderen Reisegruppe, hatte Jakob zufällig vor einigen Monaten kennengelernt. Er erzählte ihr, wie er den 7. Oktober 2023 erlebt hatte. Jakob lebt lediglich fünf Kilometer Luftlinie von Gaza entfernt. Als er in den frühen Morgenstunden erfuhr, dass Tausende Terroristen mit dem Ziel in das Land eingedrungen waren, so viele Juden wie möglich zu töten, nahm er all seinen Mut zusammen und zog selbst in den Kampf. Durch seinen unermüdlichen Einsatz konnte er viele – teils als israelische Soldaten verkleidete – Terroristen ausschalten. Doch was neben dem Heldenmut von Jakob und vielen anderen Israelis bleibt, sind die Bilder: Bilder von verängstigten Kindern, die von ihren Eltern in Wandschränken versteckt wurden, damit sie nicht Opfer der mordenden Hamas-Kämpfer würden. So viele tragische Geschichten haben sich in jenen Tagen ereignet.

Wie kann man einem Volk helfen, dem solch schlimme Dinge widerfahren sind? Wie Gottes Liebe teilen in Zeiten wie diesen? Seit dem Überfall herrscht im ganzen Land ein akuter Mangel an Arbeitskräften, so auch auf Jakobs Weinfeld. Claudia schlug daher kurzerhand vor, einige Leute aus Deutschland zu fragen, ob sie Lust hätten, für ein paar Tage nach Shuva, einem Moshav in der Nähe von Netivot, zu reisen, um die Reben für die kommende Ernte zu schneiden. Jakob war einverstanden.
Was Jakob und Claudia jedoch nicht erwartet hatten, war die Geschwindigkeit, mit der sich die Nachricht verbreitete. Innerhalb kürzester Zeit nahmen sich viele Menschen aus verschiedenen Gemeindetraditionen und mit unterschiedlichen Bezügen zu Israel der Sache an. Wir machten uns auf den Weg, um den Menschen die Liebe Jesu durch tatkräftige Arbeit näherzubringen. Vor Ort organisierte Jakob in den Zelten und Jurten eines seiner Freunde Schlafplätze für unsere Gruppe. Am Morgen holte er uns mit einem Traktor ab, auf dem wir dann aufs Feld gebracht wurden. Nach nur einer halben Stunde Einarbeitung ging es an die Arbeit. Obwohl sich die meisten von uns zuvor nicht kannten, waren wir schnell ein eingespieltes Team und erlebten, wie gut wir uns untereinander verstanden.

Nach getaner Arbeit kehrten wir zu unseren Schlafplätzen zurück, wo wir auch unser Abendessen kochten. Wir waren alle sehr dankbar dafür, dass es nur nachts und nicht tagsüber regnete und der Regen nur ein paar Löcher im Zelt fand. Außerdem erlebten wir Gottes Bewahrung in dieser besonderen Situation: Da der Februar der wohl ruhigste Monat seit Kriegsbeginn war, konnten wir weitgehend ungestört von Raketenalarmen unserer Arbeit nachgehen und auch zweimal zur Abwechslung bei der Orangenernte helfen.
Wir erlebten die Dankbarkeit der Menschen dafür, dass wir da waren. Doch letztlich sind wir es, die voller Dankbarkeit auf all das zurückblicken, was wir bei unserem Einsatz erleben durften: Die wunderbaren Menschen, die wir kennengelernt haben und die uns ihre bewegenden Geschichten erzählten. Cornelius, ebenfalls ehrenamtlicher Mitarbeiter bei JCSI, als großartigen Übersetzer. Einen aus Deutschland mitgebrachten Weinstock, den wir auf Jakobs Feld einpflanzen durften. Und noch so vieles mehr.

Besonders einprägsam war schließlich der Moment, als wir am letzten Abend zusammensaßen und Jakob zum Abschied zu uns meinte, dass er uns Christen als Brüder sieht, die gerade in dieser schweren Zeit an der Seite der Juden stehen. Damit hat er biblisch gesprochen vollkommen recht: Wir blicken auf denselben Weinbauer, der uns mit solcher Fürsorge und Treue gepflanzt hat und uns hoffentlich noch weiter zusammenwachsen lässt.