Freundschaft mit Vision: Ein Israeli und ein Palästinenser planen das erste Schwimmbad in Ostjerusalem

Freundschaft mit Vision: Ein Israeli und ein Palästinenser planen das erste Schwimmbad in Ostjerusalem

Shai Doron und Moshe Lion vor den Bauplänen für das Schwimmbad
Der ehemalige Präsident der Jerusalem Foundation, Shai Dorn (li), zeigt dem Bürgermeister von Jerusalem, Moshe Lion (re.), die Pläne für das Schwimmbad. Foto: Jerusalem Foundation

Es gibt 18 Schwimmbäder im Westteil der Stadt Jerusalem, aber kein einziges in Ostjerusalem. Noch nicht: In Beit Hanina, Ostjerusalem, wird ein Gemeinschafts-Sportzentrum gebaut, das der arabischen Bevölkerung Zugang zu einem Fitnessstudio, Gemeinschaftssportanlagen und einer Schwimmhalle bieten soll. Die von CSI unterstützte Jerusalem Foundation ist an Planung und Bau des Projekts beteiligt.

Von Hannah Trusch

Hinter der Idee zum Bau des Sportzentrums im Ostteil von Israels Hauptstadt stehen zwei Freunde: der Israeli Shai Doron, fünf Jahre lang war er Präsident der Jerusalem Foundation, und der Palästinenser Wasim Elhaj, Leiter des Gemeindezentrums in Beit Hanina. Anfang August ist Shai Doron überraschend verstorben. Er hatte sich selbst als leidenschaftlichen Schwimmer bezeichnete. Eine noch größere Leidenschaft hatte er jedoch dafür, die Kluft zwischen Ost- und Westjerusalem zu überbrücken. Diese zeigt sich unter anderem in der unterschiedlichen Verteilung von Einrichtungen wie einem öffentlichen Schwimmbad und anhand der hohen Armutsrate unter der arabischen Bevölkerung.

Laut der Armutsstatistik des Jerusalem Policy Research Instituts von 2023 betrifft Armut in Jerusalem vor allem zwei Bevölkerungsgruppen: die jüdische ultra-orthodoxe Gemeinschaft und die arabische, die beide von großer Familiengröße geprägt sind. Die ultra-orthodoxe Bevölkerung lebt vorrangig in Westjerusalem, die arabische in Ostjerusalem. Rund 43 Prozent der in Israel Haredim genannten ultra-orthodoxen Juden leben unterhalb der Armutsgrenze, bei der arabischen Bevölkerung im Osten der Stadt sind es etwa 60 Prozent. Die soziale Benachteiligung, die mit einem Leben in Armut einhergeht, wollten Doron und Elhaj durch ihre Initiative zumindest punktuell lindern helfen.

Das Schwimmbad in Beit Hanina, welches seit Sommer 2022 gebaut wird, hat eine große symbolische Bedeutung: Es soll das gemeinsame Zusammenleben in Jerusalem stärken, indem gleiche Chancen für die jüdische wie arabische Bevölkerung geboten und so bislang bestehende Lücken geschlossen werden. So werden die Wege zum Schwimmbad für Besucher aus Ostjerusalem deutlich kürzer. Die arabische Kultur findet Berücksichtigung, indem beispielsweise separate Schwimmzeiten für Frauen und Männer angeboten werden sollen. Außerdem hatte Doron berichtet, dass sich Kinder aus dem muslimisch geprägten Osten der Stadt in den Westjerusalemer Schwimmhallen oftmals fremd und unwillkommen fühlten.

Ortstermin an der Baustelle
Moshe Lion, Shai Doron und Wasim Elhaj (2., 3., 4. v. li. vorne) begutachten die Baustelle in Beit Hanina. Foto: Jerusalem Foundation

Darüber hinaus soll Schwimmunterricht im neuen Sportzentrum dazu beitragen, dass Leben gerettet werden: Jedes Jahr ertrinken in Israel Menschen beim Baden im Meer, die meisten von ihnen sind arabischer Herkunft. Als Chef der Jerusalem Foundation hatte sich Doron das Ziel gesetzt, so lange deren Leiter zu sein, bis es zwei Schwimmbäder in Ostjerusalem gibt.

Große Herausforderungen

Seit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ist die israelische Gesellschaft so gespalten wie nie zuvor, die Kluft zwischen der jüdischen und arabischen Bevölkerung scheint immer größer zu werden. Doron berichtete der Neuen Züricher Zeitung, dass die Jerusalem Foundation nicht nur evakuierte Israelis durch einen Notfallfonds unterstützt, sondern auch Essenspakete nach Ostjerusalem bringt. Gerade in dunklen Zeiten sei es wichtig, Brücken zu bauen. Diese Hilfe anzunehmen, falle vielen nicht leicht: In Ostjerusalem fürchteten manche Empfänger, dass ihre Nachbarn erfahren könnten, dass man auf staatliche israelische Hilfe angewiesen ist.

Auch die Arbeit im Team sei auf einmal von Unsicherheit geprägt gewesen, berichtet die Jerusalem Foundation. Elhaj habe sich anfangs nicht mehr getraut, mit seinen jüdischen Kollegen zu sprechen – er fürchtete, dass sie ihm eine Mitschuld an dem Massaker geben könnten. Als Doron zwei Tage nach dem 7. Oktober seinen Freund Elhaj angerufen habe, um sich nach ihm zu erkundigen, sei dieser tief berührt über die treue Freundschaft gewesen. Und auch die geteilte Vision bestand weiterhin: gemeinsam das erste öffentliche Schwimmbad für Ostjerusalem zu bauen.

Tatsächlich geht der Bau aktuell nur langsam voran, denn seit dem 7. Oktober fehlen viele der palästinensischen Bauarbeiter, die aus Sicherheitsgründen derzeit nicht mehr nach Israel pendeln dürfen. Obwohl das Ziel kaum erreichbar scheint, bleiben die Jerusalem Foundation und Elhaj optimistisch: Das Sportzentrum werde eben etwas später fertig werden. Und Pläne für die zweite Schwimmhalle gibt es auch schon.

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