Von Karoline Preisler, FDP
Am 26.4.1961 notiert Leutnant Schröder von der Staatssicherheit in der früheren DDR in Magdeburg über meinen Großvater Karl Preisler: „Preisler geht jeden Sonntag mit Frau und Sohn zur Kirche in der Helmholzstraße.“
Weiter steht dort „Preisler vertritt die Meinung, daß die Kirche früher bei der Judenverfolgung und manchem offenkundigem Unrecht geschwiegen habe, wo sie nicht hätte schweigen dürfen. Damals hat man nichts gesagt gegen die Judenverfolgung oder gegen die Behandlung von Gefangenen. Diese Besorgnis hat er heute auch …“
Damals lebte meine Familie in einer Diktatur. Jüdisches und christliches Leben, der Kampf gegen Antisemitismus, für Meinungsfreiheit und Pluralismus waren nicht einfach. Obwohl die Vorzeichen damals schlechter waren, stand mein Großvater für christliche Werte ein. Jetzt sind die Vorzeichen günstig. Wir haben das große Glück, in einer demokratischen, pluralistischen, liberalen Gesellschaft zu leben. Ich liebe diese Freiheit! Sie hat aber auch eine Verantwortungsseite.
Deshalb schweige ich nicht, wenn ich Judenverfolgung und Unrecht sehe. Mein Großvater und Rechtskollege Karl Preisler hätte es so gewollt. Ich will es so. Gott hat uns den freien Willen gegeben – also nutze ich ihn. Wenn ich unterwegs antisemitisch beschmierte Wände sehe, wische ich die Schmähung weg oder kümmere mich um die Beseitigung. Wenn ich unterwegs Demonstrationszüge sehe, die Judenhass kundtun, dann widerspreche ich. Ich finde es gut, etwas bewirken zu können. Schweigen würde mich mehr belasten, als es die Reaktionen der ruppigen Judenhasser mir gegenüber tun. Niemand hat gesagt, dass es leicht ist, Christ in einer Demokratie zu sein. Sicher ist nur, dass es außerhalb einer Demokratie deutlich schwerer ist. Wenn also aktuell Menschen unser aller friedliches Zusammenleben gefährden, indem sie jüdische Geschwister hier und auf der ganzen Welt angreifen, dann ist es Christenpflicht, den Opfern beizustehen. Sie und ich wissen nur zu gut, dass auf die Vernichtung der Juden die Vernichtung der Christen folgen würde.
Oft wird behauptet, die Besetzungen der Universitäten, die israelfeindlichen Versammlungen, der Hass auf Juden sei Israelkritik. Doch das ist es nicht! Die Losung „From the river to the sea – Palestine will be free” bestreitet das Existenzrecht Israels, des einzigen Staates mit mehrheitlich jüdischer Bevölkerung und interkulturellem Miteinander. Wir reden über einen demokratischen Staat, umzingelt von Gefahren. Dabei ist Israel vor Ort Bewahrer der Schöpfung, der Menschen in aller Vielfalt. Israel vereint Bürger aus vielen Religionen und Nationen, Gläubige, Nichtreligiöse mit verschiedenen Lebensentwürfen, sexuellen Orientierungen und Sicherheitsbedürfnissen.
Inzwischen verlassen einige Juden Deutschland und gehen nach Israel, weil sie hier nicht mehr sicher sind. Das ist kein Gefühl einer bedrohten Minderheit. Es ist eine Tatsache! Wir sind Christen sowie Demokraten und in der Pflicht. Dienen wir der Schöpfung, dem Land und unseren jüdischen Geschwistern, indem wir uns Auslöschungsforderungen entgegenstellen. Ein Christ ist im Idealfall gut geerdet und gut gehimmelt. Er verteidigt – das ist meine feste Überzeugung – daher auf Erden die Freiheit auch seines Nächsten.
Ich wünsche Ihnen viel Segen für Ihr Tun!
Dieser Artikel erschien zuerst in unserer Zeitung „Israelaktuell“, Ausgabe 138. Sie können die Zeitung hier kostenlos bestellen. Gerne senden wir Ihnen auch mehrere Exemplare zum Auslegen und Weitergeben zu.