„The Dinah Project“: Sexuelle Gewalt am 7. Oktober war geplant

„The Dinah Project“: Sexuelle Gewalt am 7. Oktober war geplant

Gedenkstätte Nova
Die Gedenkstätte auf dem Gelände des Nova-Festivals. Foto: CSI

Die Hamas setzte am 7. Oktober sexuelle Gewalt gezielt als Kriegswaffe ein. Zu diesem Schluss kommen Mitarbeiterinnen eines israelischen Projektes nach Auswertung von Zeugenaussagen und Aufnahmen.

Leserhinweis: Dieser Artikel enthält Beschreibungen verstörender sexueller Gewaltakte, die von palästinensischen Terroristen begangen wurden.

Die Bibel berichtet in 1. Mose 34 von Dina. Sie war die Tochter von Jakob und Lea. Als sie auszog, „die Töchter des Landes zu sehen“, vergewaltigte sie ein Mann namens Sichem. Ihre Brüder Simeon und Levi rächten die Tat. Dina kehrte nach Hause zurück. Mehr erfahren wir nicht über ihr Leben.

Dina steht für Opfer, die sich kein Recht verschaffen können. Nach ihr ist das israelische „Dinah Project“ benannt. Es befasst sich mit sexueller Gewalt am 7. Oktober 2023 und danach, vor allem auch an Geiseln im Gazastreifen. Das Projekt hat das Ziel, für diejenigen die Stimme zu erheben, die nicht sprechen können.

Nun ist ein Buch erschienen, in dem die Mitarbeiterinnen ihre Erkenntnisse zusammenfassen: „A Quest for Justice. October 7 and Beyond“ (Auf der Suche nach Gerechtigkeit. Der 7. Oktober und darüber hinaus). Es wurde Anfang Juli in Jerusalem vorgestellt. Mitgewirkt haben unter anderen die Rechtsprofessorin Ruth Halperin-Kaddari, die frühere Richterin Nava Ben-Or und die frühere Leiterin der Militärstaatsanwaltschaft Scharon Zagagi-Pinhas. Zum Aufsichtsrat gehört Amit Susana. Die ehemalige Geisel spricht offen über die sexuelle Gewalt, die sie von der Hamas erleiden musste. Auch eine Deutsche findet sich im Aufsichtsrat: Beate Rudolf, die Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte.

Bei ihrem 84-seitigen Bericht berufen sich die Autorinnen auf Opfer, Augen- und Ohrenzeugen, aber auch auf Erst- und Zweithelfer. Zudem haben sie Video- und Audiomaterial ausgewertet. Damit wollen sie belegen, dass die Hamas bei dem Massaker sexuelle Gewalt als Kriegswaffe eingesetzt hat. Ihr vorrangiges Ziel ist, dass dies international angeprangert wird. Sie hoffen, dass dank ihrer Fallstudie ähnliche Vorfälle in Zukunft verhindert werden können, weil sie nicht mehr ungestraft bleiben. Das Buch widmen sie den Opfern sexueller Gewalt am und nach dem 7. Oktober – und allen Betroffenen überall.

Mindestens sechs Tatorte

Zeugenaussagen und forensisches Material zeigen demnach, dass es sexuelle Übergriffe an mindestens sechs Orten gab: beim Nova-Musikfestival, auf der Schnellstraße 232 (bekannt als „Straße des Todes“), am Militärstützpunkt Nahal Os sowie in den Kibbuzim Re’im, Nir Os und Kfar Asa.

Buchtitel Dinah Project
Die Illustration auf der Titelseite des Berichtes stellt fliehende Frauen beim Nova-Festival dar. Foto: The Dinah Project

Die meisten Opfer wurden während des Massakers ermordet. Überlebende sind traumatisiert, die meisten vermögen derzeit nicht über ihre brutalen Erlebnisse zu sprechen. Dennoch standen den Verfasserinnen Aussagen von Zeuginnen und auch zwei Zeugen zur Verfügung, die selbst sexuelle Gewalt erlebt haben. Zu ihnen zählt eine Überlebende einer versuchten Vergewaltigung am 7. Oktober.

Hinzu kommen 15 ehemalige Geiseln, die Opfer von sexueller Gewalt oder Zeugen einer solchen Tat wurden. Die beiden Männer kamen im Januar und Februar dieses Jahres aus der Gefangenschaft der Hamas frei, wo sie sexuell erniedrigt worden waren.

Ferner beschreiben 17 Augen- und Ohrenzeugen mindestens 15 verschiedene Vorfälle. Sie berichten etwa über Gruppenvergewaltigungen beim Massaker und über die Androhung von sexueller Gewalt in Form von Zwangsheirat gegenüber Geiseln. Die Autorinnen merken an, dass auch die Zeugen Überlebende und damit traumatisiert sind. Einige beobachteten die Übergriffe von einem Versteck aus, während sie sich selbst in Lebensgefahr befanden. Andere hörten Geräusche, auch Schreie von Frauen, die um Hilfe flehten oder den Täter anflehten, aufzuhören.

Alle Ersthelfer beschrieben die gleichen Szenen

An den sechs Stätten dokumentierten 27 Ersthelfer mindestens 30 Fälle, in denen an Leichen klare Anzeichen für sexuelle Gewalt zu sehen waren. Dass die Helfer ihren Dienst taten, während die Kämpfe andauerten, machte es unmöglich, einen Überblick zu erhalten. Doch alle Ersthelfer vom Nova-Festival beschrieben die gleichen Szenen.

Zweithelfer in der zentralen Leichenhalle an der Schura-Militärbasis machten dazu passende Beobachtungen. Ermordete bluteten am Unterleib. Einige wiesen Schussverletzungen oder Verbrennungen in den Geschlechtsorganen auf. Beim „Dinah Project“ ist die Rede von Leichen, bei denen Gegenstände in den Intimbereich eingeführt waren. Ermordete Frauen waren nackt an Bäume gekettet. Viele halb oder völlig nackte Leichen hatten gespreizte Beine. Ein Muster ist erkennbar.

Unter strenger Wahrung der Schweigepflicht und der Vertraulichkeit konnten die Autorinnen auch Erkenntnisse vom Gesundheitsdienst und von Therapeuten auswerten, die Überlebende sexueller Gewalt betreuen. Die Übergriffe ereigneten sich teilweise am 7. Oktober und teilweise in der Geiselhaft. Demnach gibt es starke Anzeichen für Misshandlung, Folter, sexuelle Gewalt und auch für Gruppenvergewaltigungen.

Während des Massakers veröffentlichten Terroristen in Sozialen Medien eine große Menge Aufnahmen in Echtzeit. Dort war auch sexuelle Erniedrigung zu sehen. Besonders bekannt wurde das Video, das die Entführung der Leiche der Deutsch-Israelin Shani Louk vom Nova-Festival zeigte. Sie wurde fast völlig nackt auf die Ladefläche eines Vans geworfen und in Gaza zu Schau gestellt. Terroristen klatschten Beifall. Ihr Leichnam wurde später von der israelischen Armee entdeckt und im Mai 2024 in Israel beigesetzt.

Großer Teil des Videomaterials gelöscht

Ein Telefonat zwischen einem Hamas-Terroristen und seinem Offizier wurde vom israelischen Geheimdienst abgehört. Er sprach von einer „sabaja“, die Angreifer mit nach Gaza gebracht hätten. Das arabische Wort bedeutet „rassische Stute“. Es kann sich auf eine weibliche Gefangene, aber auch auf Sexsklaverei beziehen. Die Verfasserinnen sehen eine Parallele zu jesidischen Frauen und Mädchen, die vom Islamischen Staat im Irak misshandelt wurden. Der Terrorist, der das Gespräch führte, arbeitete indes für das UN-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge in Nahost (UNRWA).

Ein großer Teil des Materials wurde später wegen der gewalttätigen Inhalte gelöscht. Dem Bericht zufolge hat allein die Plattform „YouTube“ etwa 85.000 Dateien mit „widerwärtigem Inhalt“ entfernt. Dennoch habe ausreichend Material zur Verfügung gestanden.

Das „Dinah Project“ betont, dass sich sexuelle Gewalt im Krieg zuerst gegen eine Gemeinschaft richtet, um diese zu demütigen – und erst dann gegen die einzelnen Opfer. Damit unterscheide sie sich von alltäglichen sexuellen Übergriffen.

Juden als „minderwertige Menschen“ dargestellt

Die Ergebnisse der Recherche deuten für die Mitarbeiterinnen ganz klar darauf hin, dass der Einsatz sexueller Gewalt geplant und nicht spontan war. Der Bericht befasst sich auch mit der Indoktrinierung der Nukhba-Front, der besonders brutalen Brigade der Hamas, die maßgeblich für die Gräueltaten am 7. Oktober verantwortlich ist. Den Terroristen wurde eingetrichtert, dass Juden minderwertige Menschen seien und deshalb ein „heiliger Krieg“ gegen sie geführt werden müsse.

Bereits die Hamas-Charta von 1988 vermische radikale islamistische Lehre mit traditionellem europäischem und nationalsozialistischem Antisemitismus, schreiben die Autorinnen. Zudem hätten die Terroristen trainiert, Schutzräume aufzubrechen und Geiseln zu nehmen. Zivilisten seien ein klares Ziel des Terrorangriffes gewesen.

Das „Dinah Project“ wendet sich an die Vereinten Nationen: Generalsekretär António Guterres wird aufgefordert, die Hamas auf die Liste der Organisationen zu setzen, die sexuelle Gewalt als Kriegswaffe nutzen. Zudem müsse die sexuelle Gewalt vom 7. Oktober als Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeprangert werden.

Am Ende des Buches heißt es: „Möge dieser Bericht nicht nur als Mittel für Gerechtigkeit dienen, sondern als Testament für die Resilienz derjenigen, die litten, als Denkmal für diejenigen, die ermordet wurden, und als Symbol unserer gemeinsamen Verpflichtung zur Wahrheit und zum Bestreben, Gerechtigkeit und Anerkennung für die Opfer des 7. Oktober und darüber hinaus herbeizuführen.“ (Israelnetz)

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