Vier tote Geiseln übergeben: „Das Herz eines ganzen Volkes liegt in Trümmern“

Vier tote Geiseln übergeben: „Das Herz eines ganzen Volkes liegt in Trümmern“

Ermordete Geiseln in Särgen
Bevor die Leichen zum Institut für Rechtsmedizin gebracht wurden, hielt der Militärrabbiner eine Zeremonie für die Toten ab. Foto: IDF

Die Übergabe der toten israelischen Geiseln gerät bei den Palästinensern zu einem Volksfest. In Israel zerreißt der Tag hingegen die Herzen der Menschen.

Mit großer Anteilnahme und Trauer hat Israel am Donnerstag die Leichen von vier Geiseln aus den Händen der Terroristen in Empfang genommen. Laut Hamas handelt es sich um die Mitglieder der Bibas-Familie – die Mutter Schiri, der kleine Ariel und das Baby Kfir – und Oded Lifschiz, der zum Zeitpunkt des Terrormassakers 83 Jahre alt war.

International hat das Schicksal der Bibas-Familie besondere Aufmerksamkeit erhalten. Kfir Bibas war zum Zeitpunkt des Terrormassakers lediglich neun Monate alt, sein Bruder Ariel vier Jahre. Auf einem der Terroristenvideos war die angsterfüllte Mutter Schiri zu sehen, die, umgeben von Terroristen, versuchte, ihre Kinder zu schützen. Der Vater Jarden war am 1. Februar freigekommen.

Oded Lifschiz war am 7. Oktober aus dem Kibbuz Nir Os entführt worden, ebenso seine Frau Jocheved. Sie war am 23. Oktober 2023 bei einer Übergabe zusammen mit einer anderen Geisel freigekommen. Das Ehepaar Lifschiz gehört zu den Gründern von Nir Os, sie waren Friedensaktivisten. Unter anderem brachten sie Patienten aus dem Gazastreifen nach Israel.

Shiri, Kfir, Ariel Bibas und Oded Livschitz
Ermordet von Terroristen aus dem Gazastreifen: Schiri Bibas, ihre Söhne Ariel und Kfir, sowie Oded Lifschiz. Foto: privat

Menschen säumen die Straßen

Am Vormittag übergab die Organisation Rotes Kreuz die Särge der Armee im Gazastreifen. Experten untersuchten diese zunächst, um sicherzustellen, dass sie keine Sprengsätze enthalten. Laut Medienberichten waren die Särge mit einem Schloss versehen, aber keine Schlüssel vorhanden.

Die Armee hielt dann zunächst eine kurze Gedenkzeremonie ab. Die Leichen wurden in neue Särge gelegt, die mit einer israelischen Flagge eingewickelt waren. Dann brachte die Polizei die Leichen in einem Konvoi weißer Fahrzeuge und bei mitunter stürmischem Regenwetter zur Identifikation in das Nationale Zentrum für Rechtsmedizin in Tel Aviv. Die Untersuchung soll nach Möglichkeit auch Aufschluss über die Todesursache geben.

Menschen säumten die Straßen, wo der Leichentransport vorbeikommen würde, und schwenkten israelische Flaggen und die gelben Flaggen der Geiselbewegung. Darunter befanden sich auch Schulklassen, die ihren Unterricht unterbrachen. Am Geiselplatz in Tel Aviv verfolgte eine Menschenmenge gebannt die Entwicklungen. Fernsehmoderationen stellten ergriffen fest: „Die ganze Nation weint.“

Die Regierung betonte am Donnerstagvormittag, dass die Familien erst nach der Identifikation eine offizielle Benachrichtigung erhalten würden. Sie bat die Öffentlichkeit, auf Spekulationen zu verzichten. Die Identifikation werde mehrere Stunden in Anspruch nehmen.

Staatspräsident Jizchak Herzog versuchte, die Emotionen dieses Tages in Worte zu fassen: „Das ist ein Moment der Qual und des Schmerzes. Das Herz eines ganzen Volkes liegt in Trümmern.“ Er bat außerdem die Todesopfer um Vergebung, da der Staat sie nicht beschützt und nicht sicher zurückgebracht habe.

Propagandashow der Hamas

Wie bereits über der Freilassung der lebenden Geiseln machten die Palästinenser auch aus der Übergabe der Särge an das Rote Kreuz in Chan Junis eine Show und ein regelrechtes Volksfest. Lautsprecheransagen und triumphale Musik waren zu hören. Unter den gaffenden Zuschauern befanden sich auch Kinder. In Social-Media-Kanälen wurden die Szenen mit fröhlicher Musik aufbereitet.

Der frühere israelische UN-Botschafter Gilad Erdan kommentierte diese Szenen und übte Kritik an der palästinensischen Gesellschaft: „Selbst in Nazi-Deutschland hatte es Deutsche gegeben, die Juden retteten. Kein einziger Gaza-Bewohner rettete auch nur eine Geisel.“ Erdan forderte, dass die Hamas vollständig ausgelöscht und die Gesellschaft „entnazifiziert“ werde.

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) kritisierte ebenfalls, dass die Särge auf einer Bühne vorgeführt wurden: „Bilder, die kaum zu ertragen sind. Bis zum Schluss sind die Geisel-Familien dem grenzenlosen Hamas-Terror ausgesetzt.“ Schiri Bibas und ihre Kinder haben auch die deutsche Staatsbürgerschaft.

Kommunikationsfehler bei Armee

Zu allem Überfluss sorgte auch die Kommunikation der Armee für emotionalen Trubel. Offenbar hatten Militärvertreter Reportern die Namen der Leichen am Mittwoch bestätigt, nachdem sie diese von der Terror-Organisation Hamas erhalten hatten. Doch die Familien der vier Todesopfer hatte noch keine Erlaubnis für die Veröffentlichung erteilt.

Auch das Regierungsamt hatte bereits bekanntgegeben, dass die Familien einer Veröffentlichung zustimmt hatten. Am Abend bat die Armee, die für die Kommunikation mit den Familien zuständig ist, um Verzeihung. Sie gab zu, dass ihr bei aller guten Absicht ein Fehler unterlaufen war. Der Vorfall werde untersucht. (Israelnetz)

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