Eine besondere Freundschaft: Der Holocaust-Überlebende und die Deutsche  

Eine besondere Freundschaft: Der Holocaust-Überlebende und die Deutsche  

Delly Hezel und Uri Hirsch
CSI-Mitarbeiterin Delly Hezel ist dankbar für die Freundschaft mit dem Holocaust-Überlebenden Uri Hirsch, hier in Jerusalem im Mai 2024. Foto: privat

Es gibt Freundschaften, die eigentlich unmöglich scheinen. So eine Freundschaft verbindet den Holocaust-Überlebenden Uri Hirsch und die Mitarbeiterin von Christen an der Seite Israels, Delly Hezel. Hier berichten beide, was sie über alles Trennende hinaus verbindet. 

Von Delly Hezel und Hannah Trusch

Uri Hirsch über seine Begegnung mit Delly Hezel: 

„Der 27. Juni 2023 war ein bedeutender Tag in meinem Leben, denn ich hatte die Gelegenheit, eine bemerkenswerte Frau, Delly Hezel, bei einem meiner Vorträge über die Erfahrungen meiner Familie während der Jahre des Zweiten Weltkriegs zu treffen. 

Seit einigen Jahren halte ich meine Vorträge auf Englisch und Hebräisch für lokale Zuhörer in Israel. Mein Ziel dabei ist es, so viele Menschen wie möglich zu erreichen und so viele Informationen wie möglich weiterzugeben. Es ist mein sehnlichster Wunsch, jeden, der zuhören will, über einige der Ereignisse dieser dunklen Jahre zu informieren. Besonders wichtig ist mir, dass Jugendliche an diesen Vorträgen teilnehmen, da die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass sie wenig über das Geschehene wissen und so hoffentlich ihren zukünftigen Kindern davon erzählen werden. Was passiert ist, darf niemals vergessen werden! Ich hatte schon die Gelegenheit, vor vielen verschiedenen Gruppen zu sprechen, darunter Schulkinder, Universitätsstudenten, Soldaten und sogar eine große Klasse von Polizeianwärtern, abgesehen von „normalen“ Erwachsenen. 

„Ein erfreuliches Ereignis“

Als ich Delly traf, war ich sehr begeistert von der Organisation, die sie repräsentiert. Ich wollte mehr darüber erfahren, was Christen an der Seite Israels e.V. tut. Leider muss Israel in der heutigen Welt nicht nur gegen barbarische Monster kämpfen, die unser Land am 7. Oktober 2023 angegriffen haben. Es muss sich auch gegen viele uninformierte und antisemitische Gruppen auf der ganzen Welt verteidigen. Daher war es ein überaus erfreuliches und erfrischendes Ereignis, eine Gruppe engagierter Christen zu entdecken, die Israel unterstützen. Bei darauffolgenden Besuchen war ich erfreut, mehr über die Organisation zu erfahren. Ich schätze ihre Arbeit und hoffe, dass sie noch lange fortgesetzt wird. 

Als ich eingeladen wurde, Anfang Juni 2024 eine Woche in meiner Geburtsstadt Hamburg zu verbringen, entschied ich mich, zuerst einen Umweg nach Sachsenhausen zu machen, um mit eigenen Augen zu sehen, was mein verstorbener Vater 1938 als Gefangener dieses berüchtigten Konzentrationslagers erlebte. Zudem dachte ich sofort an Delly, die in Deutschland lebt, und lud sie ein, mich bei diesem Besuch so viel wie möglich zu begleiten. So stieß sie am letzten Wochenende des Besuchs zu meiner Tochter und mir. Delly war nicht nur eine wunderbare Reisebegleiterin, sondern ich konnte ihr auch das heutige Hamburg zeigen und die Geschichte der berühmten Bornplatzsynagoge erzählen, die schließlich von den Nazis zerstört wurde. Wir konnten gemeinsam einen Schabbat-Gottesdienst in der Synagoge Hohe Weide verbringen und den Hamburger Oberrabbiner Bistritzky treffen. 

Es ist mein innigster Wunsch, dass die Arbeit von CSI weitergeht und gedeiht, damit Antisemitismus ausgerottet wird und Israel von den Aktivitäten der Organisation profitieren kann.” 

Delly Hezel über ihre Begegnung mit Uri Hirsch: 

„Vor ziemlich genau einem Jahr habe ich Uri Hirsch kennengelernt. Uri wurde 1938 in Hamburg geboren und hat den Holocaust überlebt. Auf der Jubiläumsreise von CSI nach Israel im letzten Jahr hat er uns bei einem Treffen in Jerusalem seine Geschichte erzählt. Was Uri als kleiner Junge erleben musste, hat mich tief berührt. Noch mehr berührt mich, was ich seither mit ihm erlebt habe.  

Wir blieben in Kontakt und Uri hatte mich eingeladen, ihn bei meiner nächsten Israel-Reise zu besuchen. Das habe ich dann auch gerne getan und natürlich blieb es nicht bei diesem einen Treffen. Inzwischen kenne ich Shira, Penny und Debbie, drei seiner Töchter, und war auch schon zum Schabbat bei ihnen eingeladen. Eine schöne Freundschaft ist daraus entstanden. Das ist für mich einfach immer wieder ein Wunder. Ich sitze am Tisch bei einer jüdischen Familie, werde verwöhnt mit all den vielen Köstlichkeiten, die ein Schabbat-Essen mit sich bringt, und am Ende danken sie mir, dass ich da bin. Ist das nicht verkehrte Welt? Nur allzu gut würde ich es verstehen, wenn wir als Deutsche in Israel nicht erwünscht wären. Sechs Millionen ermordete Juden ist einfach zu monströs. Doch genau das Gegenteil erlebe ich, ganz besonders mit Uri und seiner Familie. 

Und so empfand ich es auch als Privileg, ihn im Juni in Hamburg zu begleiten. In der Stadt, in der er geboren wurde, und in der er seither nicht mehr war. Uris Vater David Hirsch war der letzte Kantor der Bornplatzsynagoge, die in der Reichspogromnacht geplündert wurde. Sie wurde nur deshalb nicht niedergebrannt, weil die Nazis Angst hatten, das nahgelegene gesamte Telefonnetz von Hamburg mitzuzerstören. Abgerissen wurde die Synagoge dennoch. 

Die Bornplatzsynagoge in Hamburg war einst eine der größten in Deutschland. Während des Holocaust wurde sie vollständig zerstört.

Bonplatzsynagoge Hamburg
Die Bornplatzsynagoge in Hamburg war einst eine der größten in Deutschland. Während des Holocaust wurde sie vollständig zerstört. Foto: privat

„Ein Heiliger Moment“

Mit Uri und seiner Tochter Debbie verbrachten wir gemeinsam den Schabbat in der Chabad-Gemeinde von Shlomo und Channi Bistritzky. Ich wurde so herzlich von allen aufgenommen, dass die Erinnerung an das, was Uris Familie vor 85 Jahren in Hamburg erleben musste, noch mehr schmerzt. Nie werde ich den Moment vergessen, als Uri am Samstagmorgen in der Synagoge als Kantor die Gebete sang. Er sang vor dem Tora-Schrank, der mit dem Vorhang abgehängt war, der das Bild der Bornplatzsynagoge zeigte. In Uris Stimme lagen alle Emotionen. Wie mag man so einen Moment beschreiben? Mir fehlen die Worte. Es war ein heiliger Moment! 

Für Uri möchte ich heute meine Stimme erheben mit dem Wissen: Nie wieder ist jetzt! Es ist nicht nur meine Pflicht, sondern auch mein tiefster Wunsch, dieses Mal auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen.“  

Die bewegende Lebensgeschichte von Uri Hirsch lesen Sie in diesem Freundesbrief.

Weltweit gibt es noch etwa 240.000 Holocaust-Überlebende. Viele von ihnen leben in Armut und Einsamkeit. Als Christen an der Seite Israels liegen uns diese Menschen besonders am Herzen und wir wollen ihnen Gutes tun, so lange dies noch möglich ist. Daher unterstützen wir Holocaust-Überlende in Israel und der Ukraine mit Lebensmittelpaketen, Medikamenten, Patenschaften und Besuchen gegen die Einsamkeit. Hier können Sie unsere Arbeit für Holocaust-Überlebende unterstützen.

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