Unsere Position zur Judenmission

Unsere Position zur Judenmission

Gemeinsam Segen sein

Erklärung von Christen an der Seite Israels zur Judenmission

Wir sind Christen an der Seite Israels. Unser Name drückt unsere Identität und unseren Auftrag aus.

Christen

Zunächst sind wir Christen. Als Christen an der Seite Israels verstehen wir uns als Teil und moderner Vertreter einer jahrhundertealten christlichen Bewegung, die eng mit dem Aufkommen der Reformation zusammenhängt. Durch die Erfindung des Buchdrucks, Bibelübersetzungen in den Sprachen der gemeinen Leute und das reformatorische Credo „sola scriptura“, begannen schon wenige Jahre nachdem die ersten Bibelübersetzungen veröffentlicht worden waren, einige Christen zu erkennen, dass die bis dahin vorherrschende katholische Doktrin der Verwerfung des jüdischen Volkes als Gottesvolk („Substitutionstheologie“) und analog die Erwählung der Kirche als „verus Israel“ (wahres Israel), nicht biblisch begründet war. Jahrhunderte später gelangte auch die Kirche nach den Gräueln der Schoa und der darauffolgenden Gründung des modernen Staates Israel zur Wiederentdeckung biblischer Wahrheit in Bezug auf Israel. 1950 erklärte die Synode der EKD in Berlin-Weißensee, „daß Gottes Verheißung über dem von ihm erwählten Volk Israel auch nach der Kreuzigung Jesu Christi in Kraft geblieben ist.“ 1

Die katholische Kirche revidierte ihre jahrtausendealte Substitutionstheologie schließlich in „Nostra Aetate“ (1965), bezog sich aber expressis verbis noch nicht auf Israel sondern lediglich auf das Judentum. Teile der Evangelischen Kirche gingen im Rheinischen Synodalbeschluss „Zur Erneuerung des Verhältnisses von Christen und Juden“ von 1980 weiter, bezogen sich explizit auf den jüdischen Staat Israel und vertraten die Einsicht, „dass die fortdauernde Existenz des jüdischen Volkes, seine Heimkehr in das Land der Verheißung und auch die Errichtung des Staates Israel Zeichen der Treue Gottes gegenüber seinem Volk sind.“ 2 Auch im freikirchlichen Bereich beschäftigte man sich ausgiebig mit dem Verhältnis von Christen und Juden, etwa der Bund freier Pfingstgemeinden (2004) oder im pietistischen Spektrum der Gnadauer Verband mit seiner Erklärung „Von Gottes Treue getragen.“ (2022).

Dankbar blicken wir auf diesen Prozess der Rückbesinnung auf biblische und historische Wahrheiten und die Wiederentdeckung der gottgewirkten Beziehung zwischen Christen und Juden zurück.

Als Christen bekennen wir uns „zu Jesus Christus, dem Juden, der als Messias Israels der Retter der Welt ist.“ Diese Aussage ist für uns von grundlegender Bedeutung, da sie den Kern unserer Glaubensüberzeugung ausdrückt. „Die Tatsache, dass Juden dieses Bekenntnis nicht teilen, stellen wir Gott anheim.“ 3

Im Prozess des wachsenden Verständnisses unserer jüdischen Wurzeln (Römer 11), entdecken wir mit Demut und Freude, was es heißt und wie kostbar es ist, dass Jesus Jude war, dass die zwölf Apostel und Paulus jüdisch waren, ja dass die gesamte Urgemeinde über fast zwei Jahrzehnte hinweg ausschließlich jüdisch war. Das Christentum hat jüdische Wurzeln und von daher wissen wir uns eng verbunden mit dem jüdischen Volk als Ganzes und auf besondere Art und Weise mit allen Juden, die aus freien Stücken und von Herzen zum Glauben an Jesus / Jeschua gefunden haben. Dahinter steht die Überzeugung, dass unser Auftrag, Israel zu dienen, nicht bedeuten kann, uns von den messianischen Geschwistern zu trennen. Denn die Einheit in Christus hat neutestamentlich gesehen einen hohen Wert, der nicht verletzt werden darf (Epheser 2).

An der Seite Israels

  1. Bedeutet weiter, dass wir nicht Israel sind. Die jahrhundertealte Ersatztheologie / Substitutionstheologie, nach der die Kirche den Platz Israels eingenommen habe, das aufgrund seiner Sündhaftigkeit und der Ablehnung des Messias von Gott verworfen worden sei, lehnen wir entschieden ab. Diese Anschauung widerspricht dem Zeugnis der Schrift und Gottes Bundestreue. (Psalm 105,6-11; Jeremia 31,35-37; Römer 11,1) Als Christen „wissen wir uns durch Jesus Christus in den Bund Gottes mit Israel hineingenommen. Wir halten zugleich fest, dass Gottes Bund mit seinem Volk Israel uneingeschränkt weiter besteht.“ Die zehn Gebote, sowie die beiden höchsten Gebote der Gottes- und Nächstenliebe ehren und achten wir gemeinsam als Fundament und Richtschnur unseres Glaubens. „Christen und Juden sind Zeugen der Treue Gottes. Sie sind auf einzigartige Weise verbunden, etwa durch die gemeinsame Schrift, durch gemeinsame Gebete, durch den Glauben an den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, durch dieselben Verheißungen, denen sie vertrauen, durch die Erwartung des (wieder) kommenden Messias, der die Welt zum Ziel bringt. Den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs bekennen wir Christen als Vater Jesus Christi und damit als den einen Gott der ganzen Bibel, den Schöpfer und Erlöser, von dessen Treue wir gemeinsam leben. Dabei löst die Erwählung der Kirche die Erwählung Israels keinesfalls ab – im Gegenteil: Wir Christen wissen uns in die eine Erwählung Gottes, die zuerst und bleibend Israel gilt, mit hineingenommen (vgl. Römer 9,1-5; 11,25-32) Jede Haltung der Überheblichkeit gegenüber dem jüdischen Volk ist darum gänzlich unangemessen; sie verkennt den Charakter der Erwählung Gottes und das Wesen seiner Barmherzigkeit und Treue.“

  2. Bedeutet außerdem, dass unser Auftrag nicht darin besteht, Israel und die Juden zu Christen zu machen, sondern ihnen zu dienen, wie sie sind. Prof. Michael Wolffsohn brachte es auf die Formel, die wir bejahen: „Wir sind wir, aber wir sind Freunde, weil ihr ihr seid.“ 4 Wir betonen die Freundschaft und das Verbindende, nicht die Unterschiede, ohne diese zu leugnen.

Wir sind uns der Sensibilität des Themas der Judenmission bewusst. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund jahrhundertelanger Zwangskonversionen und -taufen von Juden und dem Leid, der Ausgrenzung, Drangsalierung und der Verfolgung, Entrechtung, Vertreibung, Enteignung und Ermordung in Pogromen über die Inquisition bis hin zur Schoah, die Juden maßgeblich auch von Christen erfahren haben. Die Christenheit ist am jüdischen Volk in unfassbarer Weise schuldig geworden und wird es zum Teil noch immer. Darüber können wir als Christen nur Buße tun und uns von Herzen und mit Abscheu davon distanzieren. Dies verpflichtet uns, aus dem Geist der Umkehr heraus, uns für das jüdische Volk und Israel einzusetzen. Unser Platz ist deshalb aus biblischen, historischen und ethischen Gründen an der Seite Israels und des jüdischen Volkes. Als Ausdruck unserer engen Verbundenheit und Freundschaft arbeiten wir seit Jahren und Jahrzehnten vertrauensvoll mit jüdischen Partnern wie etwa der Jewish Agency for Israel, Keren Hayesod, dem jüdischen Nationalfonds (KKL) sowie der Jerusalem Foundation und zahlreichen weiteren karitativen Organisationen in Israel zusammen.

Dabei ist die Verkündigung des Evangeliums der Urauftrag der Kirche, den wir als Christen prinzipiell bejahen. Als christliches Hilfswerk für das jüdische Volk und den Staat Israel hingegen sind weder wir noch unser internationaler Dachverband Christians for Israel International judenmissionarisch aktiv. Wir verschweigen die Hoffnung in uns (1. Petrus 3,15) und die Liebe Gottes zu seinem Volk als Antrieb für unseren Dienst nicht, wenn wir danach gefragt werden, verfolgen aber auch darin keine „versteckte Agenda“. Auftrag, Herz und Ziel unserer Arbeit sehen wir darin, jüdischen Menschen und dem Staat Israel mit Taten beizustehen (1. Johannes 3,18). Die Bibel nennt dazu folgende Aufgaben unseres Dienstes (keine abschließende Aufzählung):

  • Segen zu sein (1. Mose 12,1; 4. Mose 24,9)
  • Trost zu spenden (Jesaja 40,1)
  • Gebet Psalm (122,6-9)
  • Humanitäre Unterstützung (Römer 15,26-27)
  • Gesellschaftliche und politische Fürsprache (Jesaja 62,1-2)
  • Hilfeleistungen bei der Alijah (Jesaja 49,22)
  • Finanzielle Hilfe (Jesaja 60,5; 1. Korinther 16,1-4)
  • Versöhnung (Jesaja 60,14)

Wir glauben, dass der Gott Israels selbst seine Heilszusage an Israel und den Juden erfüllen wird.

„Siehe, es kommen Tage, spricht der HERR, da ich mit dem Haus Israel und mit dem Haus Juda einen neuen Bund schließen werde; nicht wie der Bund, den ich mit ihren Vätern schloss an dem Tag, da ich sie bei der Hand ergriff, um sie aus dem Land Ägypten herauszuführen; denn sie haben meinen Bund gebrochen, obwohl ich doch ihr Eheherr war, spricht der HERR. Sondern das ist der Bund, den ich mit dem Haus Israel nach jenen Tagen schließen werde, spricht der HERR: Ich will mein Gesetz in ihr Innerstes hineinlegen und es auf ihre Herzen schreiben, und ich will ihr Gott sein, und sie sollen mein Volk sein; und es wird keiner mehr seinen Nächsten und keiner mehr seinen Bruder lehren und sagen: »Erkenne den HERRN!« Denn sie werden mich alle kennen, vom Kleinsten bis zum Größten unter ihnen, spricht der HERR; denn ich werde ihre Missetat vergeben und an ihre Sünde nicht mehr gedenken!“

Jeremia 31,31-34

Fußnoten

  1. Die Kirchen und das Judentum. Dokumente von 1945 bis 1985, hg. v. Rolf Rendtorff/Hans Hermann Henrix, Paderborn und München 21989, 549 ↩︎
  2. https://www.ekir.de/www/downloads/ekir2008arbeitshilfe_christen_juden.pdf ↩︎
  3. Alle in kursiv gedruckten Abschnitte wurden von der Erklärung des Gnadauer Verbandes „Von Gottes Treue getragen“ übernommen. www.gnadauer.de/uploads/_gnadauer/2022/09/2022-09-17-Erklaerung-Von-Gottes-Treue-getragen-1.pdf ↩︎
  4. https://csi-aktuell.de/nachrichten/historiker-michael-wolffsohn-im-interview-wir-sind-freunde-weil-ihr-ihr-seid-2/ ↩︎

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