Zeitzeugen der Schoah: Karol Mannheimer – ein „wahres Lebenswunder“

Zeitzeugen der Schoah: Karol Mannheimer – ein „wahres Lebenswunder“

Karol Mannheimer mit ihren Urenkeln. Alle Fotos: privat

In der Ausgabe 131 unserer Zeitung Israelaktuell berichteten wir von der Holocaust-Überlebenden Karol Mannheimer. Unsere Mitarbeiterin Delly Hezel hat für die 98-Jährige den Friedhof in Worms besucht, auf dem die Vorfahren der Jüdin begraben liegen. An dieser Stelle erzählt Delly von ihrem anschließenden bewegenden Treffen mit Karol Mannheimer in Israel.

Von Delly Hezel, Team Humanitäre Dienste

Als ich Karol Mannheimer die Zeitung „Israelaktuell“ mit dem Artikel über sie überreiche, und sie das Foto von sich und ihren Urenkeln sieht, ist sie für eine Weile ganz still. Dann sagt sie, dass sie dieses Bild immer vor Augen gehabt habe, als sie vor kurzem mit Lungenentzündung und Atemnot im Krankenhaus lag. Es stand sehr schlecht um sie. Dieses Foto habe ihr Kraft gegeben und ihren Lebenswillen gestärkt. Karol hat es geschafft, wieder nach Hause zu kommen. Sie lebt weiterhin allein und versorgt sich mit ihren 98 Jahren weitestgehend selbst.

Im Dezember war ich auf dem jüdischen Friedhof in Worms, um für Karol die Gräber ihrer Großeltern und Verwandten zu besuchen. Karol wurde in Worms geboren und auf diesem alten jüdischen Friedhof gibt es noch viele Gräber ihrer Vorfahren. Als ich mich vom Friedhof aus mit einem Videoanruf bei ihr melde, ist sie tief berührt. Sie ist so dankbar dafür, dass sich jemand für ihre Geschichte und die ihrer Vorfahren interessiert. Es ist für sie ihr Chanukkah-Wunder, war der Friedhofsbesuch doch genau in der Woche des jüdischen Lichterfestes.

Auf dem jüdischen Friedhof in Worms liegen Angehörige von Karol Mannheimer begraben.

Shira Chernobel, über die ich Karol kennengelernt habe, wohnt ebenfalls in Tekoa und besucht die Holocaust-Überlebende täglich. Sie schrieb mir über Karol: „Sie ist mir ein Vorbild darin, wie sie ihr Leben lebt. Sie war ab dem Alter von 14 Jahren für sich selbst verantwortlich. Ihre Eltern waren im Konzentrationslager, haben dies zwar körperlich überlebt, aber seelisch leider nicht. Sie waren gebrochene Menschen.

Karol sieht das Leben so wie es ist. Sie ist so dankbar für alles, was sie hat. Vor allem für ihre zwei Töchter, die wahre Diamanten sind. Sie lebt heute als würdevolle 98-jährige Witwe. Ihre Unabhängigkeit gibt ihr die Kraft und den Mut weiterzumachen. Ja, alles geht langsam, aber das meiste schafft sie noch selbst. Sie lehrt mich die Langsamkeit. Sie lehrt mich Respekt, Achtsamkeit, Liebe und Ehrfurcht. Manchmal nenne ich sie Doktor, Rabbi oder Lehrer…! Ich höre auf ihre Weisheit!

Karol verkörpert alles in einem. Ist sie doch Mutter, Großmutter, Urgroßmutter, Ehefrau und Freundin; aber auch wie eine Lehrerin, ein Rabbi, eine Ärztin oder Psychologin. Dies alles hat sie nie studiert, aber ihre Lebenserfahrung und ihre Weisheit haben sie zu dem gemacht. Von allen wird sie respektiert und geehrt! Danke Gott, für das Geschenk von Karol!“

Delly Hezel (r.) zeigt Karol Mannheimer ihre Geschichte in „Israelaktuell“.

Auch ich bin wieder tief beeindruckt von einer Frau, die nach all dem Erlebten so viel Zuversicht, Versöhnung und Positives ausstrahlt – ein wahres Lebenswunder.

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