Chanukka – Wunder des Lichts

Chanukka – Wunder des Lichts

Ein fast 2000 Jahre altes Fest der Hoffnung. Foto: Shutterstock

Eine Betrachtung von Gastautorin Brigitte B. Nussbächer

Die Geschichte von Licht in der Dunkelheit, von dem Triumph einer Minderheit und von Wundern gegen jede Wahrscheinlichkeit – das ist Chanukka. In diesem Jahr begann das achttägige Fest am Abend des 7. Dezember.

Dunkle Zeiten

Rund 300 Jahre nach der Niederschrift des letzten Buchs des Tanachs, des Alten Testaments, erfüllten sich die Ereignisse, die der Prophet Daniel vorausgesagt hatte (Daniel 8 und 11). Nach dem Tod Alexanders des Großen zerbrach sein Weltreich in mehrere Staaten, die von seinen ehemaligen Feldherren und Söhnen geführt wurden. Eines davon war das Seleukidenreich und unter dessen Herrschaft fiel Judäa im Jahre 200 vor Christus. Der seleukidische König Antiochos IV brachte sowohl die Kultur als auch den Kult der Griechen zu den Hebräern.

Teile der jüdischen Elite nahmen die griechische (hellenistische) Lebensweise an und entfernten sich immer mehr von dem Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs. Auch der damalige Hohepriester Onias III wurde von seinem Bruder Jason ersetzt, der sich mit dem hellenistischen Lebensstil identifizierte. Um dieses Amt zu erhalten, hatte Jason König Antiochos eine Erhöhung der jährlichen Tribute zugesagt.

Doch danach erkaufte sich ein anderer hellenisierter Jude namens Menelaos, der nicht zum Hohepriestergeschlecht der Oniaden gehörte, 172 vor Christus das Hohepriesteramt ebenfalls. Als Gegenleistung erlaubte er Antiochos den Jerusalemer Tempelschatz durch seine Amtsträger zu plündern. Es kam zum Bürgerkrieg zwischen Jasons und Menelaos’ Anhängern – der schließlich von König Antiochos mit der Eroberung Jerusalems beendet wurde. Kurz danach verbot Antiochos den Juden die Ausübung ihres Glaubens. Die Beschneidung und das Feiern jüdischer Feste wurden unter Todesstrafe gestellt.

Um seine Dominanz allen sichtbar zu machen und um die Juden endgültig in die Knie zu zwingen, entweihte Antiochos auch das Allerheiligste der Juden, den Tempel in Jerusalem – jenen Ort, von dem Gott gesagt hatte: „Ich habe meinen Namen für immer dorthin gelegt. Meine Augen und mein Herz werden immer dort sein.“ (1. Könige 9,3) Er wandelte ihn in ein Heiligtum für Zeus um und opferte dem griechischen Gott – genau hier – Schweine; ein Tier, das für Juden aufgrund von Anweisungen der Tora unrein ist.

Zusätzlich forderte er als Zeichen der Loyalität auch Opfer für die Königsfamilie selbst. Damit überschritt er jedoch eine rote Linie. Als der jüdische Priester Mattatias, ein gottestreuer Aristokrat aus dem Geschlecht der Hasmonäer, zum Opfer für Antiochos aufgefordert wurde, erschlug er den Boten. Seine Tat markierte den offenen Bruch mit den Seleukiden. Danach zog er sich mit seinen Söhnen und einigen Getreuen zurück und baute eine Untergrundarmee auf. Sehr bald erfolgte ein hoher Zulauf Freiwilliger aus verschiedenen Landesteilen.

Der Tempel in Jerusalem wurde nach dem Sieg der Makkabäer gereinigt und neu eingeweiht. Foto: Shutterstock

Im Folgejahr verstarb Mattatias und sein ältester Sohn Judas – mit Beinamen Makkabäus, der Hammer, übernahm die militärische Führung im mehrjährigen Kampf gegen die Besatzer. Mit Guerilla-Taktiken und weil er seine Feinde immer wieder überraschte – zum Beispiel dadurch, dass er auch am Schabbat kämpfte –, gelang es ihm, die Armeen der Seleukiden zu schlagen und schließlich auch Jerusalem zu befreien.

Eine schwache Minderheit hatte im Kampf um religiöse Autonomie den Sieg errungen! Was für ein Triumph! Oder – was für ein Wunder?

Eine neue Ära

Als erstes sollte der Tempel wieder eingeweiht werden. Er wurde gereinigt und alle heidnischen Symbole und Götzenbilder entfernt. Es gab allerdings ein Problem. Die Menora, der siebenarmige Leuchter im Tempel, sollte niemals erlöschen. Aber die Seleukiden hatten fast alle Öle verunreinigt. Nach den Kämpfen war nur ein einziger Krug zu finden, der noch mit dem Siegel des Hohepriesters verschlossen war. Das geweihte Öl würde für maximal einen Tag reichen.

Dennoch entzündeten sie den Leuchter und wundersamerweise brannte er nicht nur vierundzwanzig Stunden, sondern acht ganze Tage lang – so lange, bis neues, koscheres Öl hergestellt war. Wie damals, als Salomon den Tempel einweihte, zeigte Gott auch jetzt bei der Wiedereinweihung des Tempels im Jahre 164 vor Christus, dass er – gemäß seinem Versprechen – immer noch gegenwärtig war und Unmögliches möglich machte.

Das geweihte Öl in der Menora brannte acht Tage lang. Um an dieses Wunder zu erinnern, wurde die sogenannte Chanukkia entwickelt. Foto: Shutterstock

Das Lichtwunder hatte zwei Dimensionen: einmal das Öl, das so lange brannte; aber das ebenso große Wunder war das Ende der spirituellen Dunkelheit im Land, als die Juden sich ihrem wieder Gott zuwandten und er ihnen Freiheit und Unabhängigkeit schenkte. Der traditionelle jüdische Tempeldienst wurde wieder eingeführt und es begann eine neue Ära: Gott hatte seinem Volk das zweite Mal die Herrschaft über ihr Land gegeben.

Das erste jüdische Reich unter David und Salomon hatte rund achtzig Jahre Bestand und war im Jahr 926 vor Christus nach Salomos Tod zerfallen. Rund achthundert Jahre später hatten nun die Makkabäer das zweite Mal einen souveränen jüdischen Staat erkämpft. Sie gründeten das königliche und hohepriesterliche Geschlecht der Hasmonäer und konnten die Unabhängigkeit für knappe einhundert Jahre bewahren.

Zerstörung und Hoffnung

Doch dann kam es erneut zum Bürgerkrieg, diesmal zwischen den hasmonäischen Brüdern Hyrkanos und Aristobulos, die um Hohepriesterwürde und Königtum stritten – und schließlich 63 vor Christus beides sowie die Unabhängigkeit an den römischen Feldherrn Pompeius verloren.

Im Jahr 66 begannen die jüdischen Zeloten in Judäa einen Aufstand gegen die römische Besatzung und konnten einige Anfangserfolge erzielen. Aber auch jetzt standen sich zwei Lager gegenüber: die, die kämpfen wollten, und die Gemäßigten um den Hohepriester, die auf Verhandlungen mit den Römern setzten. Statt sich auf die Feinde zu konzentrieren, bekriegten sich die jüdischen Parteien gegenseitig. So stürmten die Römer Jerusalem und im Jahr 70 wurde der Tempel endgültig zerstört.

Danach wurde das jüdische Volk über die ganze Welt zerstreut. Ihre Riten und Bräuche nahmen sie mit und so begannen in der Fremde bald erste Chanukkafeiern. Während des achttägigen Festes wurde in jüdischen Häusern und Synagogen jeden Abend eine neue Kerze am Chanukkaleuchter entzündet, mit Hilfe der neunten Kerze, dem „Schamasch“, Diener. Die Chanukkaleuchter wurden ins Fenster oder vor die Haustür gestellt, um gesehen zu werden und an das Wunder zu erinnern.

Chanukkafeiern wurden zu heimatlichen Lichtbringern und Hoffnungsträgern. Foto: Shutterstock

Von Sonnenuntergang bis Mitternacht, solange die Lichter brannten, wurde in den Häusern gesungen, gespielt und es gab besondere Speisen, die in Öl gebacken wurden. Besondere Bedeutung hatte dabei das Spiel mit dem Dreidel (Kreisel). Während der Unterdrückung durch die Seleukiden war dieses Spiel als Tarnung eingesetzt worden, um zu verbergen, dass in Wahrheit die verbotene Tora studiert wurde. Die Buchstaben auf den 4 Seiten des Kreisels stehen für den Spruch: Nes Gadol haja Scham – ein großes Wunder geschah dort!

Chanukka wurde zum heimatlichen Lichtbringer und Hoffnungsträger. Mit den Segensworten: „Gelobt seist du, Herr unser Gott, König der Welt, der vollbracht hat Wundertaten an unseren Vätern in jenen Tagen – und zu dieser Zeit“ wurde der Zuversicht Ausdruck gegeben, dass dieses nicht das Ende sei, Jahrhunderte lang. Und diese Hoffnung war so stark, dass sie die fast zweitausend Jahre in der Fremde, den Hass, die Verfolgung, die Pogrome und schließlich den furchtbaren Holocaust überdauerte.

Das dritte Mal

1948, nur drei Jahre nach dem Holocaust, erlebten die Juden ein weiteres, nationales Wunder: die Gründung des Staates Israel. Menschlich gesehen war dieses der unwahrscheinlichste Zeitpunkt. Das jüdische Volk war nur noch ein glimmender Docht im Sturm. Doch nach all den Jahrhunderten des scheinbar vergeblichen Kampfes um ein eigenes Land und nach der Vernichtung von sechs Millionen Juden, bekamen die Überlebenden diese unwahrscheinliche Chance. Ben-Gurion rief den jüdischen Staat aus und tatsächlich gelang es den Israelis sich gegen die fünf arabischen Armeen, die keine vierundzwanzig Stunden später angriffen, zu behaupten.

So entstand das dritte Mal in der jüdischen Geschichte ein souveräner, unabhängiger Staat.
Die Jahrhunderte alte Hoffnung, wieder als freies, unabhängiges Volk im Land Israel zu leben, von der die israelische Nationalhymne Hatikva erzählt, erfüllte sich: „Solange noch im Herzen eine jüdische Seele wohnt und nach Osten hin, vorwärts, ein Auge nach Zion blickt, solange ist unsere Hoffnung nicht verloren, die Hoffnung, zweitausend Jahre alt, zu sein ein freies Volk, in unserem Land, im Lande Zion und in Jerusalem!“

Die Proklamation des jüdischen Staates durch David Ben-Gurion am 14. Mai 1948. Foto: Public Domain

Danach begann das Licht Israels immer heller zu strahlen. Dort wo sich früher Sümpfe, Sanddünen und wüstes Land befanden, haben Pioniergeist und Durchhaltevermögen blühendes Leben entstehen lassen. Städte, Moschavim und Kibbutzim voll sprudelnder Lebensfreude, Innovationskraft, Kreativität sowie Sinn für Kunst und Schönheit, in denen die Senioren den Lebensabend genießen und die Plätze voll spielender Kinder sind. Von allen Enden der Erde kamen Zigtausende in ihre ursprüngliche Heimat zurück. Überall war zu sehen, wie sich biblische Verheißungen erfüllten (zum Beispiel Hesekiel 36, 35; Zacharia 8, 5; Jesaja 43, 5-7).

Aus dem bettelarmen Agrarstaat wurde ein Land mit führender Technologie und einer starken Währung. Trotz ständiger Bedrohungen, Terror und trotz wiederholter Angriffe durch die arabischen Nachbarnationen gelang es Israel, sich überzeugend zu behaupten. 2018, zu seinem 70. Jubiläum, gehörte Israel zu den zehn einflussreichsten Ländern der Welt und lag auch auf der Liste der glücklichsten Länder vorne.

Doch die Nachkommen der Gründergenerationen schienen sich nicht mehr so bewusst zu sein wie ihre Vorväter, dass die Existenz ihres Landes ein Wunder war. Fremde Einflüsse faszinierten viele. Und langsam, aber unaufhaltsam driftete die israelische Bevölkerung auseinander. Hier die säkularen Liberalen, dort die ultraorthodoxen Juden. Die einen, die Israel mit den Arabern teilen wollten und die anderen, die versuchten, neue jüdische Siedlungen in Judäa und Samaria zu gründen. Die mit einer internationalen und die mit einer nationalen Ausrichtung. Die Linken und die Rechten, die Fortschrittlichen und die Konservativen. Seit April 2019 gab es in vier Jahren vier Parlamentswahlen. Die Koalitionen zerbrachen an Uneinigkeit. Proteste, die sich vordergründig gegen eine geplante Justizreform, aber letztendlich gegen die Regierung selber bildeten, erschütterten Israel und legten 2023 teilweise das halbe Land lahm.

Proteste und Demonstrationen legten 2023 das halbe Land lahm. Foto: Shutterstock

Und wie vor mehr als zweitausend Jahren witterten Israels Feinde angesichts dieser internen Zwistigkeiten ihre Chance und schlugen am 7. Oktober 2023 zu. Seit den Massenmorden des Holocaust sind nicht mehr so viele Juden an einem Tag getötet worden. Und selten ist in der Weltgeschichte ein Massaker mit so viel Bestialität durchgeführt worden. Alte, Junge, Männer, Frauen, Kinder. Von der Hamas misshandelt, verstümmelt, vergewaltigt, verbrannt, gefoltert, entführt. Wochen später konnten noch nicht alle der zerstückelten, verkohlten Leichen gefunden und identifiziert werden. Wochen später befinden sich immer noch mehr als 200 israelische Geiseln in der Gewalt der Hamas-Terroristen.

Wochen später hat Israel unter enormem internationalem Druck einer Feuerpause zugestimmt. In dieser Zeit konnte sich die Hamas wieder neu aufstellen. Es wurden auch einige der Geiseln, die am 7. Oktober aus Israel entführt worden waren, freigelassen. Der extreme Preis dafür war aber, dass die dreifache Anzahl an inhaftierten palästinensischen Verbrechern entlassen werden mussten. Weltweit stellten Hunderttausende Araber ihre Macht in Demonstrationen zur Schau, bei denen zur Vernichtung Israels und der Juden aufgerufen wurde.

Nach 75 Jahren Existenz führt Israel wieder einmal einen schweren Kampf – gegen die Hamas, die Hisbollah, und den Iran, der dahintersteht. Viele weitere Staaten stärken Israels Feinden den Rücken. Israels offizielle „Freunde“ fordern, dass Israel die Kämpfe einstellt, was im Klartext bedeutet, die Terror-Organisation Hamas bestehen zu lassen, und mit der Gefahr eines neuen Massakers zu leben.

Ein Friedhof in Jerusalem: unzählige frische Gräber nach dem Massaker vom 7. Oktober 2023. Foto: Israel Heute

Doch inmitten all dieser Dunkelheit entstand aus Schmerz, Verzweiflung und Trauer auch eine neue Einheit im israelischen Volk. Zwistigkeiten wurden beiseitegelegt. Von allen Enden der Welt kamen Juden aus dem Ausland in ihre Heimat zurück, um sie zu verteidigen. Zahlreiche orthodoxe Juden, die bislang den Militärdienst verweigert hatten, traten freiwillig in die Armee ein. Viele liberale Juden, denen ihre jüdische Identität bislang nicht so wichtig war, erkennen jetzt die Bedeutung ihrer Zugehörigkeit zu Gottes Volk besser. Und inmitten einer feindlich gesinnten Mehrheit in der Welt erkennen viele, dass Gott ihr einziger wahrer Verbündeter ist. Soldaten, Zivilisten, Menschen aller Alters- Bildungs- und Herkunftsklassen suchen Gott und hoffen auf den Segen des ewigen Bundes, den er seinerzeit mit seinem auserwählten Volk schloss.

Wohin wird all dies führen?

Und zu dieser Zeit …

Wenn dieses Jahr die Kerzen am Chanukkaleuchter angezündet und die Gebete gesprochen werden, bekommen die zweitausend Jahre alten Segensworte ganz besondere Intensität und Bedeutung.

„Gepriesen seist Du, Herr unser Gott und König der Welt. Du hast uns geheiligt durch deine Gebote und uns geboten, das Chanukkalicht anzuzünden.

Gepriesen seist Du, Herr unser Gott, König der Welt, Du hast uns Leben und Erhaltung gegeben und hast uns diese Zeit erreichen lassen.

Gepriesen seist Du, Herr unser Gott, König der Welt, Du hast Wunder erwiesen unseren Vorfahren in jenen Tagen und zu dieser Zeit.“

Bitte um Licht und Segen für Israel! Foto: Shutterstock

Zu dem Dank kommt die Bitte aus tiefem Herzen hinzu: Schenke Israel auch heute Leben und Erhaltung und lass uns auch in dieser dunklen Zeit wieder erfahren, wie du zu deinem Volk stehst und Wunder für sie tust. Lasse sie und uns auch in dieser Zeit dein Licht erkennen und erleben.

Chag Chanukka Sameach! Ein gesegnetes Chanukkafest!

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