Eine warme Suppe in der eiskalten Ukraine

Eine warme Suppe in der eiskalten Ukraine

Jüdische Senioren genießen ein Stück Gemeinschaft über einer warmen Mahlzeit, während es draußen klirrend kalt ist. Alle Fotos: CSI

Von Koen Carlier und Anemone Rüger

Während die Raketen- und Drohnenangriffe auf Dörfer und Städte in der Ukraine unvermindert andauern, haben wir alle Hände voll zu tun, um die 16 Suppenküchen, die Christen an der Seite Israels dort unterstützt, am Laufen zu halten.

Doch sind alle diese Suppenküchen unter den extremen Bedingungen einsatzbereit? „Ja, das sind sie“, sagt Koen Carlier, der die Arbeit in der Ukraine für CSI koordiniert. „Ende November haben wir uns mit allen Verantwortlichen in Verbindung gesetzt und sie gebeten, Lebensmittel für mindestens einen Monat vorrätig zu halten, sowie die Generatoren zu testen und genügend Diesel oder Benzin zu haben. Das ist kein überflüssiger Luxus, denn wir erleben einen zweiten sehr kalten Wintereinbruch.“

Schneidender Wind aus dem Norden

Die Temperaturen sinken nachts auf minus 19 Grad. Die gefühlte Temperatur liegt sogar bei minus 27 Grad, hauptsächlich wegen des schneidenden Nordwinds. Für die vielen hundert jüdischen Senioren, die entweder eine doppelte Mahlzeit nach Hause geliefert bekommen oder in die Suppenküche kommen, wirkt ein Teller warme, frisch zubereitete Suppe wahre Wunder. Sie belebt Leib und Seele. Suppe sollte also nicht auf dem Speiseplan fehlen. Ältere Menschen, die zu schwach oder zu krank sind, um in die Suppenküche zu kommen, oder die Angst haben wegen der Bombenangriffe, bekommen von Freiwilligen mehrmals pro Woche eine doppelte Mahlzeit nach Hause geliefert.

Dunkel und kalt 

Aufgrund der Kälte und der anhaltenden Bombardierungen fällt die Gasversorgung in der Ukraine an immer mehr Orten aus. „Wenn die Heizung ausfällt, kann man nicht zu Hause bleiben und muss die Nacht woanders verbringen“, erklärt Koen. „Ohne Strom und Wasser in der Wohnung kann man noch eine Weile überleben, aber ohne Heizung wird man erfrieren. In mehreren Städten sind für die vielen Obdachlosen speziell beheizte Gebäude mit Betten als Übernachtungsmöglichkeit eingerichtet worden.“

Große Nachfrage nach warmen Mahlzeiten

Allein in Kiew gibt es vier große Suppenküchen, von denen eine über ein großes Zelt verfügt, in dem jede Woche Hunderte von älteren jüdischen Menschen zu Tisch kommen.

„Die Suppenküchen sind das ganze Jahr über in Betrieb“, berichtet Koen. „Aber vor allem in den kalten Wintermonaten gibt es eine große Nachfrage nach warmen Mahlzeiten – auch nach heißer Suppe! Die Verantwortlichen in den Suppenküchen haben den Überblick, wer für die Mahlzeiten in Frage kommt: ältere jüdische Menschen mit kleinen Renten, Schwache, Kranke und Holocaust-Überlebende.“

Mit einem freundlichen Lächeln verteilt Konstantin die warmen Mahlzeiten in Belaja Zerkow, hier an die 93-jährige Holocaust-Überlebende Svetlana.

Svetlana

Eine der Hilfeempfängerinnen in Belaja Zerkow ist Svetlana. Sie hat selbst den Holocaust überlebt. Ihre großen Brüder fielen, ihre kleinen Brüder kamen mit ihr in ein Kinder-KZ, wo medizinische Versuche durchgeführt wurden; die Brüder starben daran. Die Mutter kam, nachdem sie die Nazis überlebt hatte, nach Kriegsende in ein stalinistisches Lager. Svetlana wuchs in Kinderheimen auf und war ihr ganzes Leben lang auf sich gestellt. Sie kann sich immer noch schwer daran gewöhnen, dass sich nun jemand um sie sorgt. Jedes Mal, wenn wir kommen, hat sie ein Geschenk vorbereitet – sie möchte einfach ihre Dankbarkeit ausdrücken. „Ich habe euch so lieb, ich kann es nicht in Worte fassen! Ihr seid für mich Familie geworden!“, sagt Svetlana.

Mit Liebe und Sorgfalt zubereitet

Alle Mahlzeiten werden von Freiwilligen vor Ort mit Sorgfalt zubereitet und mit einem Lächeln verteilt. In den kältesten und dunkelsten Wintermonaten gibt es natürlich besonders viele Anfragen – verstärkt auch wegen der vielen Binnenflüchtlinge aus der Ost- und Südukraine, wo die Grabenkämpfe in vollem Gange sind. Jede Mahlzeit ist ein Zeichen der Hoffnung, das dringender denn je benötigt wird!

Diesen Winter wollen wir mindestens 12.000 warme Mahlzeiten an bedürftige Juden in der Ukraine verteilen. Helfen Sie mit? Eine Mahlzeit kostet 5 Euro. Hier können Sie spenden.

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