Israels Botschafter Prosor: Deutschland darf Ideologie der Hamas nicht verharmlosen

Israels Botschafter Prosor: Deutschland darf Ideologie der Hamas nicht verharmlosen

Eine Podiumsdiskussion mit dem israelischen Botschafter Ron Prosor.
Diskussionsrunde in den Räumen des ERF Wetzlar: IDEA-Co-Leiterin Daniela Städter, Botschafter Ron Prosor, der Antisemitismusbeauftragte des Landes Hessen Uwe Becker und Pfarrer Wolfgang Grieb (v. l.). Foto: CSI | Klaus Werner

Deutschland sollte die Ideologie der Hamas nicht unterschätzen, warnt der israelische Botschafter Prosor bei einem Podiumsgespräch. Für eine dauerhafte Friedenslösung setzt er auf die arabischen Staaten.

Der israelische Botschafter Ron Prosor hat Deutschland davor gewarnt, die Ideologie der Hamas zu verharmlosen. „Wenn Sie diese Ideologie nicht ernst nehmen und heute dagegen handeln, werden Sie morgen weinen“, sagte der israelische Botschafter am Montagabend bei einem Podiumsgespräch im mittelhessischen Wetzlar.

Israel habe diesen Fehler im Jahr 2005 begangen: Der Abzug aus dem Gazastreifen sei mit der Hoffnung verbunden gewesen, einen ersten Schritt des Friedens zu gehen. Daher habe Israel die Siedlungen aufgegeben, zumal diese in aller Welt als „Friedenshindernis“ galten. Doch die Hamas habe schon damals den Abzug als Zeichen der Schwäche gedeutet, hervorgerufen durch Terrorismus. Der Abzug sei ein Anreiz gewesen, mit Terror weiterzumachen. Prosor war damals Staatssekretär im Außenministerium. „Wir haben diese Ideologie verharmlost. Da bin auch ich verantwortlich.“

Die Podiumsdiskussion in den Räumen des christlichen Senders ERF hatte die Organisation Christen an der Seite Israel (CSI) angestoßen. Die Veranstalter waren CSI, ERF, die „Evangelische Nachrichtenagentur IDEA“ und die Christliche Medieninitiative pro, zu der Israelnetz gehört.

Die Co-Leiterin von IDEA, Daniela Städter, moderierte das Gespräch. Daran beteiligt waren neben Prosor der Antisemitismus-Beauftragte des Landes Hessen, Uwe Becker (CDU), und der Evangelische Vorsitzende der Gesellschaft für jüdisch-christliche Zusammenarbeit Gießen-Wetzlar, Wolfgang Grieb.

Prosor: Israel muss in Rafah einmarschieren

Prosor ging auch auf aktuelle Entwicklungen ein: Die am Montag verabschiedete Resolution des UN-Sicherheitsrates nannte er „sehr problematisch“. Im Text werde zuerst die Waffenruhe und erst dann die Freilassung der Geiseln genannt. Sollte es zu einer Waffenruhe kommen, habe die Hamas keinen Grund mehr, die Geiseln freizulassen. „Das ist eine Belohnung für eine Terror-Organisation, die das Auslöschen des jüdischen Staates und des jüdischen Volkes als ‚Staatsräson‘ formuliert, davon offen gesprochen und in die Tat umsetzt hat.“

Mit Blick auf die militärische Lage erklärte der Botschafter, Israel müsse in Rafah einmarschieren, um die Hamas völlig zu zerschlagen. Das Beispiel des Al-Schifa-Krankenhauses sei dafür ein Beleg: Israel sei dort schon Mitte November gewesen, doch die Terroristen seien zurückgekehrt. Der Grund: Die Armee habe beim ersten Mal die Bevölkerung vorgewarnt. Dies hätten auch Terroristen genutzt und das Krankenhaus verlassen, nur um wieder zurückzukehren.

Becker pflichtete Prosor bei: Israel müsse die Hamas zerschlagen – „auch im Interesse der palästinensischen Bevölkerung, die als Schutzschild missbraucht und letztlich auch als Geisel genommen wird“. Israel betreibe keinen Vernichtungsfeldzug gegen die Palästinenser, sondern kämpfe um seine Existenz. Der jüdische Staat müsse gegen die Hamas vorgehen, damit die Menschen im Süden und Norden wieder ein ruhiges Leben führen könnten.

Diskussion über das richtige Modell

Pfarrer Grieb forderte indes eine „Waffenruhe, um nachzudenken“. Israel müsse sich überlegen, wie es nach dem Krieg weitergehen könne. Dazu gelte es, die Kontakte zu „gemäßigten Gruppen“ zu intensivieren. Eine Änderung der Siedlungspolitik könnte gemäßigte Palästinenser dazu motivieren, für ein gemeinsames Leben einzutreten. Hoffnung bereiteten ihm dabei die israelischen Araber. Deren Integration sei ein „Erfolgsmodell“.

Allerdings seien die Palästinenser aktuell „dramatischen Entrechtungen“ durch Israel ausgesetzt. Zudem habe sich die Regierung „sehr weit nach rechts bewegt“. Für eine dauerhaftes Arrangement gebe es zur „Zwei-Staaten-Lösung“ keine Alternative, auch wenn diese noch in weiter ferne liege.

Prosor und Becker zeigten sich dabei skeptischer. Becker plädierte dafür, zuerst über die Grundlagen eines Palästinenserstaates zu sprechen. Ein solcher Staat hätte derzeit das Ziel, Israel auszulöschen. Die Palästinenser müssten ihre Probleme angehen, und dazu gehöre zuallererst der Terrorismus.

Prosor entgegnete dem, dass nicht die Schaffung eines palästinensischen Staates das Problem sei – dazu hätten die Palästinenser in der Vergangenheit viele Gelegenheiten gehabt. Das eigentliche Problem sei die Akzeptanz eines jüdischen Staates.

Plädoyer für persönliche Begegnungen

Der Botschafter verwies darauf, dass die Abraham-Abkommen zwischen Israel und arabischen Ländern wie die Vereinigten Arabischen Emirate die Haltung zu Israel verändert hätten. Durch Besuche im Land sei es möglich geworden, Vorurteile abzubauen. „Wir müssen mehr Begegungen mit unseren arabischen Nachbarn haben. So können wir Frieden erzielen.“

Mit Blick auf die Palästinenser warb Prosor dafür, die arabischen Staaten einzubinden. Ein Quartett aus den Staaten Ägypten, Emirate, Jordanien und Saudi-Arabien könne „Teil der Lösung“ sein. Diese Staaten hätten verstanden, dass die Hamas – und hinter der Hamas die Muslimbrüder – auch eine Gefahr für sie selbst seien. „Wenn diese Staaten nicht nur hinter den Kulissen sagen, was sie wirklich denken, werden Sie sehen, dass es hierbei viel Einvernehmen gibt.“ (Israelnetz/Redaktion)

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