Als Europäer leben wir in einer Phase der Ernüchterung. Wir dachten, alle wollten Frieden, aber vor unserer Haustür tobt der Ukrainekrieg. Wir dachten, mit großzügiger Unterstützung könnten wir den Frieden in Nahost fördern, aber die Hamas überzieht Israel mit einem nie dagewesenen Terror. Wir dachten, das Thema Israel sei ein Hobby speziell für Israelfreunde, nun sehen wir uns vor der Frage, wie wir zur Existenz Israels stehen. Wir sind schlagartig in einem anderen Film.
Auch ich habe dem Israelthema lange Zeit keine Beachtung geschenkt. Ich war längst Pastor, Theologe und Dozent, hatte aber keine Ahnung von Israel. Dann besuchte ich 2006 den Gemeinde-Israel-Kongress in Berlin. Ich wollte mich informieren, aber Gott berührte mich. Mir war, als würde ich Gottes Herzschlag für Israel spüren. Ab da trug ich Israel in mir.
Als Theologe war mir zunächst die Theologie wichtig. Also forschte ich. Es kam dann die Phase, wo es mir ein Anliegen wurde, die erarbeitete Israellehre in die Gemeinden zu tragen. Also predigte ich. Im Lauf der Zeit wurde mir deutlich, dass diese Lehre praktische Konsequenzen hatte. Man kann ja nicht Israel lehren und an den heutigen Juden achtlos vorübergehen. Auf diese Weise entdeckte ich die Dimension des Dienstes: des Dienstes an Israel beziehungsweise am jüdischen Volk.
Heute stehen wir in einer neuen Phase. Plötzlich geht es hin sichtlich Israels wieder um Leben und Tod, um die blanke Existenz, und der weltweite Israelhass offenbart seine hässliche Fratze in unfassbarer Intensität. Ein zweiter Holocaust kommt gefährlich nah, das „Nie wieder“ ist keine bloß theoretische Sache mehr. Schlagartig wird klar: Israel ist kein Hobby, kein Randthema von Israelfreunden, kein theologisches Spezialgebiet ohne Relevanz. Die aktuelle Situation fordert uns heraus, einen Standpunkt für Israel einzunehmen und diesen zu verteidigen – gegen den Sturm des Israelhasses.
Wo stehen wir? Die Frage erfordert eine klare Antwort. Und sie kostet einen Preis. Wenn Israel je ein Hobby war, so müssen wir heute sagen: Ab jetzt ist es das nicht mehr.
Chazak u‘varuch – seien Sie stark und gesegnet!
Ihr Tobias Krämer
Dieser Artikel erschien zuerst in unserer Zeitung „Israelaktuell“, Ausgabe 135. Sie können die Zeitung hier kostenlos bestellen. Gerne senden wir Ihnen auch mehrere Exemplare zum Auslegen und Weitergeben zu.