Bei seinem Besuch in Berlin hat der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu (Likud) die Zusammenarbeit zwischen Israel und Deutschland betont. Am Donnerstag kam er mit Bundeskanzler Olaf Scholz zusammen. Dabei ging es auch um israelische Unterstützung für die Ukraine und um das Raketenabwehrsystem „Arrow“, an dem Deutschland interessiert ist.
Auf der gemeinsamen Pressekonferenz erinnerte Netanjahu an die Lage der europäischen Juden in den letzten Monaten der Scho’ah: „Vor 78 Jahren waren wir nichts. Wir waren vom Wind hin- und hergewehte Blätter, die in die Öfen der Vernichtung geschickt wurden. Jetzt, weniger als 80 Jahre später, spricht der Repräsentant eines souveränen jüdischen Staates mit dem führenden Politiker eines neuen Deutschlands, eines anderen Deutschlands, darüber, dass Verteidigungssysteme von Israel, vom jüdischen Staat, den deutschen Luftraum beschützen sollen. Deutschland hilft Israel; Israel hilft Deutschland.“
Auch in Zukunft sollten die beiden Länder in Gefahren zusammenstehen, ergänzte Netanjahu. „Keine Gefahr ist größer und bereitet mehr Grund zur Sorge als das Streben des Iran nach Atomwaffen. Wir haben gemeinsam darüber gesprochen, wie Israel und Deutschland zusammenarbeiten können, um diese Bedrohung aufzuhalten.“ Israel werde einen zweiten Holocaust nicht zulassen.
Der Premierminister dankte Deutschland für die Verpflichtung gegenüber Israels Sicherheit und für die starke Haltung gegen Antisemitismus. Die Diskussionen mit dem Kanzler seien „äußerst produktiv“ gewesen.
Scholz: Iran muss destruktives Treiben einstellen
Scholz sagte auf der Pressekonferenz, sie seien sich einig in der Sorge um die hohe Anreicherung von Uran durch den Iran sowie um dessen Rolle im Nahen und Mittleren Osten. Der Iran unterstütze nicht nur bewaffnete Gruppen in der Region, sondern liefere auch Waffen an Russland, mit denen die Ukraine angegriffen werde. „Iran darf keine Atomwaffen erlangen.“ Der Staat müsse sein destruktives Treiben einzustellen. Die beiden Regierungschefs kritisierten auch die Gewalt des iranischen Regimes gegen seine eigenen Bürger scharf.
Der Bundeskanzler bekundete Netanjahu seine Anteilnahme für die jüngsten Opfer der Terroranschläge in Israel: „Wir sind bestürzt über diese blinde Gewalt.“ Der Gewalt müsse mit der Konsequenz des Rechtsstaats begegnet werden. Gleichzeitig warnte er vor „ungezügelter Selbstjustiz“. Die „Zwei-Staaten-Lösung“ wertete er als einzige Möglichkeit, den israelisch-palästinensischen Konflikt zu lösen. Er forderte Israel auf, Abstand zu nehmen von einseitigen Handlungen wie dem Bau weiterer Siedlungen. An die palästinensische Führung appellierte er, ihrer Verantwortung für den Aufbau eines „friedlichen und demokratischen Palästinas“ nachzukommen.
Bezüglich der geplanten Justizreformen in Israel sagte Scholz, dass beide sich einig seien, dass die Unabhängigkeit der Justiz ein hohes demokratisches Gut sei. Der Kanzler machte zugleich klar: „Als demokratische Wertepartner und enge Freunde Israels verfolgen wir diese Debatte sehr aufmerksam und – das will ich nicht verhehlen – mit großer Sorge.“
In Bezug auf die Vorschläge von Staatspräsident Jitzchak Herzog zur Lösung der Situation sagte er: „Wir würden uns als Freunde Israels wünschen, dass über diesem Vorschlag das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.“
Gedenken an „Gleis 17“
Vor dem Treffen im Kanzleramt hatten die beiden Regierungschefs an der Gedenkstätte „Gleis 17“ Kränze niedergelegt. Von dort wurden während des Zweiten Weltkrieges Berliner Juden in nationalsozialistische Vernichtungslager deportiert. Der Chabad-Rabbiner Yehuda Teichtal sprach das Kaddisch-Gebet im Gedenken an die sechs Millionen Juden, die im Holocaust ermordet wurden.
Scholz sicherte Netanjahu zu: „Die Sicherheit Israels ist und bleibt deutsche Staatsräson.“ Er betonte die deutsche Verantwortung für den Schutz jüdischen Lebens in Deutschland. Auf der Pressekonferenz hatte der Kanzler gesagt, die Scho’ah „ist ein Menschheitsverbrechen, eine Vergangenheit, die nie vergeht“.
Netanjahu wies darauf hin, dass „die Aufrufe zur Vernichtung unseres Volkes“ nicht aufgehört hätten. „Die wichtigste Lektion, die wir gelernt haben, ist: Wenn man mit so einem Übel konfrontiert ist, muss man sich seinen bösen Plänen früh entgegenstellen, um eine Katastrophe zu verhindern.“ Der israelische Premierminister dankte dem Kanzler für die „bewegende Zeremonie“. (Israelnetz)