Pfarrer Henk Poot: „Israel ist kein Hobby“

Pfarrer Henk Poot: „Israel ist kein Hobby“

Pfarrer Henk Poot
Warnt Christen vor einer Art „Heils-Egoismus“: der niederländische Pfarrer Henk Poot. Foto: Christenen voor Israel

Die Ereignisse in Israel am und nach dem 7. Oktober haben im Ausland nicht nur in der Gesellschaft zu heftigen Diskussionen geführt. Auch in der Kirche wurde schmerzlich deutlich, dass Israel für viele Christen seinen Platz als das Volk verloren hat, dem sich Gott offenbart hat, dem er immer noch treu ist und das zur Essenz der Heilsgeschichte gehört. „Wenn wir nicht achtsam sind, geht es in der Kirche sehr schnell vorwiegend um uns selbst“, erklärt der niederländische Pfarrer Henk Poot im Gespräch mit Rita Quartel, einer Mitarbeiterin von Christians for Israel, der internationalen Dachorganisation von Christen an der Seite Israels.

Von Rita Quartel, Übersetzung aus dem Niederländischen Marie-Louise Weissenböck

Seine Predigten nach dem 7. Oktober sind anders als die davor. „Wenn wir uns so sehr mit Israel verbunden fühlen, dann macht das auch etwas mit uns. Und das sollte auch in der Liturgie spürbar sein. Der deutsche Theologe Friedrich Marquardt hat einmal gesagt: ‚Wir können keine Kirche mehr sein wie vor der Shoah.‘ Diese Demut ist auch jetzt nötig.“

Glaubenserfahrung

Laut Poot scheint der Schwerpunkt der Glaubenserfahrung vieler Christen auf ihrer eigenen Erlösung und einem ewigen Leben im Jenseits zu liegen. Ein Glaube, in dem Israel Geschichte geworden ist und Jerusalem keine Rolle mehr spielt. Israel mag bei ihnen zwar noch das Volk der Bibel sein, von dem man viel lernen kann, aber mit dem heutigen Israel hat es für sie wenig zu tun. „Es gibt eine große Nachfrage von Kirchenbesuchern, das Wort so zu bringen, dass sie ermutigt und getröstet werden, dass es ihnen nützt. Dagegen ist auch nichts einzuwenden, aber wenn es sich darauf beschränkt, läuft man Gefahr, dass es um einen selbst geht und nicht um Gott. Warum müssen wir, wenn wir die Psalmen singen, ständig die Verbindung zu uns selbst herstellen? Warum singen wir sie nicht in erster Linie als Lieder von Gott über sein Volk Israel?“

Heiligung des Namens Gottes

„Den Juden geht es gar nicht so sehr um ihr persönliches Heil, das gleichsam in das Heil Israels eingebettet ist. Es geht ihnen um die Heiligung des Namens Gottes. Nach dem 7. Oktober haben sich die prophetischen Schriften geöffnet. Sie sehen jetzt vor ihren Augen, dass Gott Jerusalem zu einem Laststein macht, den die Völker wegheben wollen. Es ist, als ob sich die ganze Welt auf absurde Weise an Israel wund reißt (Sacharja 12). Und irgendwann begreift man dann, dass es in der Botschaft der Bibel um viel mehr geht als um die persönliche Errettung. In erster Linie geht es um die Heiligung durch Gott, aber auch um den Weg, den Gott mit Israel geht, hin zum Anbruch seines Reiches. Ich denke, wir in der Kirche müssen uns viel mehr mit der Breite von Gottes Heilsplänen beschäftigen.“

Diese Heilspläne seien untrennbar damit verbunden, dass Jesus Jude war; etwas, das für viele Christen keine Bedeutung mehr zu haben scheint, so Poot weiter. „Man kann nicht an Jesus glauben und verschweigen, dass er der König der Juden ist, dass er derjenige ist, der sich bereits inmitten seines Volkes bewegte, noch ehe er auf der Erde war. Man kann Gott nicht ehren und dabei verschweigen, dass er der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs ist und dass er immer noch alle Verheißungen hält und erfüllt, die er seinem Volk je gegeben hat. Man kann nicht an Gott glauben und gleichzeitig den Ölberg, den Tempelberg, Judäa und Samaria und alle diese biblischen Orte einfach dem Islam überlassen.“

Die Sünde des Paradieses

Laut Poot hat die Blindheit der Kirche in Bezug zu Israel viel mit unserer Eifersucht und unserem Stolz zu tun. „Wenn das Reich Gottes kommen wird, wird der Weltherrscher alles mobilisieren, was er kann. Und er wird einen Fuß in die Tür der Kirche bekommen, indem er uns Sand in die Augen streut und uns vergessen lässt, dass Gott der Gott Israels ist. Dass Israel das auserwählte Volk ist, dass in Jerusalem das Königreich gebaut wird und sich dort die Prophezeiungen erfüllen werden. Und wir lassen das offenbar zu. Er benutzt unsere Eifersucht und unseren Stolz, die Sünde des Paradieses. ‚Ich will größer sein als ich bin.‘

Man sieht, dass auch bei der Diskussion über den 7. Oktober so viel Falsches und Absurdes herauskommt. Es geht nicht um die Feindschaft zwischen zwei Völkern, die sich gegenseitig den Besitz von Land streitig machen. Es geht viel tiefer. Es geht um den Schmerz von Ismael und Esau, von Saul und Haman. Die bitteren Tränen Esaus darüber, dass es einen anderen gibt, durch den der Segen in die Welt kommt. Diesen Schmerz fühlen auch manche Christen.“

Das Heil kommt aus den Juden

Poot hofft, dass die Kirche Israel in aller Demut so lieben wird, wie Gott Israel liebt, und Israel treu sein wird, wie Gott Israel treu ist. „Israel ist kein Hobby für Leute, die schon öfter in Israel waren. Israel hat von Anfang an die Berufung Abrahams. Israel ist kein Randthema, es gehört zum Kern der Heilsgeschichte. Das Heil kommt aus den Juden. Das ist immer noch so, in dem Sinne, dass Gott seine Schritte zum Kommen seines Reiches über seinen Weg mit Israel geht. Wenn man das außer Acht lässt, dann bewegt man sich in eine andere Religion. So kompromisslos ist es zu betrachten.“

Der Theologe Henk Poot ist eng mit Christians for Israel verbunden. Er schreibt Artikel, Beiträge und Bücher mit Bezug zu Israel und der Bibel. Im Namen der Bewegung spricht er auch bei Konferenzen und Seminaren.

Dieser Artikel erschien zuerst in unserer Zeitung „Israelaktuell“, Ausgabe 136. Sie können die Zeitung hier kostenlos bestellen. Gerne senden wir Ihnen auch mehrere Exemplare zum Auslegen und Weitergeben zu.

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