Wenn aus Fremden Freunde werden

Wenn aus Fremden Freunde werden

Ari, Itay, Ronel und Delly bei Ronel in Mizpe Yair. Foto: privat

Im Rahmen seines Terror-Opfer-Hilfsprogramms lädt Christen an der Seite Israels Betroffene und ihre Angehörigen zu Erholungszeiten in Gastfamilien nach Deutschland, Österreich und in die Schweiz ein. Im September waren mehrere Israelis zu Besuch im Schwarzwald. Manche wertvolle Begegnungen ergeben sich ganz unverhofft am Rande, wie der folgende Bericht zeigt.

Von CSI-Mitarbeiterin Delly Hezel und Itay Shani

Delly Hezel: Wie ein Besuch in Deutschland Kreise bis nach Israel zieht

Für mich war die Woche vom 4. bis 11. September eine ganz besondere. Christen an der Seite Israels hatte Ari über das Terror-Opfer-Hilfsprogramm nach Deutschland eingeladen. Seit einem Armee-Einsatz im Gazastreifen leidet er an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Sein Cousin Ilya kam als Begleitung mit.

Im gleichen Zeitraum empfingen wir auch Ronel, die in Deutschland Menschen begegnen und ihnen von ihrem Café in Judäa südlich von Hebron berichten wollte. Sie war auch gekommen, um uns über den Schabbat zu erzählen und uns zu vermitteln, was es bedeutet, in einem kleinen Dorf umgeben von arabischen Ortschaften zu leben. Dort erfüllen diese Juden biblische Prophetie, indem sie Olivenbäume und seit Neuestem ihren ersten kleinen Weinberg angepflanzt haben.

Als ich unsere Gäste vom Flughafen in Baden-Baden abholte, ergab sich, dass wir auch noch einen jungen Israeli namens Itay mitnahmen. Er suchte nach einer Mitfahrgelegenheit und hatte Ronel im Flugzeug kennengelernt. Itay hatte seinen Urlaub noch nicht durchgeplant und so kam es, dass wir ihn spontan zu uns nach Altensteig mitnahmen und er mit Ronel in meiner Wohnung unterkam. Das Wunderbare daran war, dass er – politisch links – und Ronel – eher rechts – sich in Israel wohl kaum begegnet wären. Durch ihr Kennenlernen, die vielen Fragen und Antworten, wuchsen die Wertschätzung und der Respekt füreinander. Wir feierten Schabbat und reisten zusammen. Itay besuchte während dieser Woche Straßburg und kam anschließend nach Altensteig zurück, nachdem Ronel wieder abgeflogen war. Ich war beeindruckt von diesem jungen Menschen, der so viel zu geben hat und bereit war, anderen Meinungen zuzuhören.

Wiedersehen in Israel

Ein paar Tage nach Itays Abreise ging es dann für mich selbst nach Israel. Tatsächlich konnten wir uns alle gemeinsam bereits an meinem ersten Freitag in Israel zum Brunch in Ronels Café in Mizpe Yair südlich von Hebron treffen: Ari, Itay, seine Eltern und sein Bruder, Ronel, ihre Familie und ich. Was für eine besondere Konstellation von unterschiedlichen Menschen an einem Ort, wo Itay normalerweise aufgrund seiner politischen Einstellung nie hingehen würde, da diese Siedlungen seiner Meinung nach den Frieden verhindern. Nur weil Ronel und Itay sich so gut kennengelernt hatten, wurde dieses Treffen möglich. Auch Ari hat tiefes Vertrauen zu Ronel aufgebaut, da er in ihr einen Menschen gefunden hat, mit dem er gut reden kann, der ihn versteht, und die Fragen stellt, die ihm vielleicht auch dabei helfen, manche Dinge neu für sich zu sortieren.

Itays Eltern luden uns anschließend ganz spontan zum Schabbat ein. So fuhren wir abends nach Rosch HaAjin in Zentralisrael in der Nähe von Tel Aviv zu Itays Familie. Dort lernten wir die Geschwister seiner Eltern und Itays Großvater Avraham kennen. Itay hatte mir schon in Deutschland gesagt, er wünsche sich, dass ich seinen Großvater kennenlerne, welcher den Holocaust überlebt hat. Avraham erzählte mir an dem Abend seine bewegende Geschichte.

In Israel: Delly mit Avraham, der den Holocaust überlebt hat. Foto: privat

Ich bin so überwältigt von dieser Woche: In Deutschland hat begonnen, was in Israel vielleicht nicht möglich gewesen wäre. Menschen mit unterschiedlichsten Meinungen sind zusammengekommen, haben zusammen am Tisch gesessen und sind nun Freunde geworden. Wer weiß, was daraus noch entsteht.

Itay: Wie ein junger Israeli unverhofft neue Freunde fand

Mein Name ist Itay, ich bin 25 Jahre alt und lebe mit meiner Familie in Israel. Ich habe in der israelischen Marine gedient, anschließend gearbeitet und bin eine Weile gereist. Schließlich habe ich mich entschieden Biologie und Ökologie zu studieren.

Vor Beginn meines Studiums ging ich zum ersten Mal alleine auf Reisen. Im Flugzeug lernte ich Ronel kennen, eine wunderbare Frau. Ronel und ich haben verschiedene politische Meinungen und theologische Ansichten. Das hat zu spannenden, aber fruchtbaren und innigen Diskussionen geführt. Wir fühlten uns sehr schnell verbunden, diskutierten über Politik, Philosophie und natürlich über unser Leben und unsere Familien.

Später bot mir Delly auf Anfrage von Ronel eine Mitfahrt nach Baden Baden an, wo ich hinwollte. Spontan fügte sie hinzu: „Aber du kannst auch mitkommen, wo wir hingehen, es ist viel schöner da!” Gleichzeitig bot sie mir eine Wohngelegenheit an. Auf der Autofahrt lernte ich Delly, Ari und Ilya kennen. Später in dieser Nacht begegnete ich auch noch Monika und Klaus.

Itay: „Bei meinem ersten Besuch in Deutschland habe ich tolle Menschen kennengelernt mit warmen Herzen und einem schönen Geist.“ Foto: Klaus Werner

In der gemeinsamen Zeit haben wir bei Monika und Klaus gegrillt, einen Ausflug zu heißen Quellen gemacht, Freunde von Christen an der Seite Israels getroffen, Aris unglaubliche Geschichte und Ronels einzigartigen Vortrag über den Schabbat angehört. Wir sind sogar zweimal nach Frankreich gefahren. Das alles Gemeinschaft, wir haben sehr viel gelacht.

Ich konnte noch ein wenig Zeit mit Delly, Monika und Klaus verbringen, nachdem die anderen Israelis abgereist waren. Ich wurde so gut und mit so viel Großzügigkeit behandelt. Wir haben Abendessen füreinander vorbereitet und es fühlte sich an, als wären wir schon lange Zeit befreundet. Während dieser Woche empfing ich sehr viel Liebe und Fürsorge von meiner großartigen Gastgeberin Delly, die ich zu einem Sukkot-Festessen bei meiner Familie in Israel einladen konnte.

Bei meinem ersten Besuch in Deutschland habe ich tolle Menschen kennengelernt mit warmen Herzen und einem schönen Geist. Ich war beeindruckt von der Art und Weise, wie sie mich, einen unerwarteten Gast, empfingen. Ich hatte eine echte Verbindung zu jedem in meiner Gruppe, in der wirklich eine besondere Atmosphäre herrschte. Danke an alle!

Dieser Artikel erschien zuerst in unserer Zeitung „Israelaktuell“, Ausgabe 135. Sie können die Zeitung hier kostenlos bestellen. Gerne senden wir Ihnen auch mehrere Exemplare zum Auslegen und Weitergeben zu.

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