Bei einem Terroranschlag im nördlichen Westjordanland sind am Sonntag zwei Israelis erschossen worden. Israelischen Armeeangaben zufolge eröffnete ein Palästinenser bei der palästinensischen Ortschaft Huwara das Feuer auf ein vorbeifahrendes israelisches Auto. Huwara liegt etwa auf halber Strecke zwischen der israelischen Siedlung Ariel und der Stadt Nablus.
Der Rettungsdienst Roter Davidstern (Magen David Adom) teilte zunächst mit, um 13:41 Uhr Ortszeit sei ein Notruf in der Zentrale eingegangen. Zwei Männer würden behandelt. Später wurden sie dann für tot erklärt.
Opfer sind zwei Brüder
Ein Vertreter der israelischen Siedlung Har Bracha teilte mit, bei den Getöteten handle es sich um die Brüder Hillel Menachem und Jagel Ja’akov Janiv. Sie waren demnach 19 und 21 Jahre alt und stammten aus Har Bracha, das im nördlichen Westjordanland (Samaria), nicht weit vom Anschlagsort, liegt.
Der Täter ist laut israelischer Armee flüchtig. Die Fahndung sei eingeleitet und Straßensperren errichtet worden, hieß es. Der Anschlag reiht sich in eine Reihe von Terrorangriffen in den vergangenen Wochen ein. Die Zahl der in diesem Jahr getöteten Israelis steigt damit auf zwölf. Außerdem verlor eine ukrainische Frau ihr Leben.
Hamas und Islamischer Dschihad jubeln
Die Hamas und der militärische Arm des Palästinensischen Islamischen Dschiahd (PIJ) begrüßten die neuerliche Terrortat am Sonntag umgehend. Es handle sich um die Erfüllung des Versprechens, „das Blut der Anführer der Al-Quds-Brigaden, Mohammed al-Junaidi und Hussam Aslim, zu rächen“, erklärten die Al-Quds-Brigaden, der militärische Arm des PIJ, auf ihrer Website und verwiesen damit auf einen israelischen Anti-Terroreinsatz vom Mittwoch.
Bei der mehrstündigen Sicherheitsoperation in Nablus hatten israelische Einsatzkräfte eigenen Angaben zufolge mehrere Terroristen der Gruppen PIJ und „Löwenhöhle“ getötet. Palästinensischen Angaben zufolge starben insgesamt elf Palästinenser. In der folgenden Nacht schossen Terroristen aus dem Gazastreifen sechs Raketen nach Israel.
Nach dem Anschlag: Schwere Ausschreitungen israelischer Siedler
Nach dem tödlichen palästinensischen Anschlag kam es zu schweren Unruhen israelischer Siedler. Dabei wurde nach Angaben der palästinensischen Nachrichtenagentur WAFA ein 37-jähriger Palästinenser durch Schüsse tödlich verletzt. Nach Angaben der Armee wurden die Schüsse nicht von einem Soldaten abgegeben. Mindestens 100 Palästinenser wurden außerdem verletzt. Der israelische Rettungsdienst teilte mit, dass zudem mindestens drei Israelis durch Steinwürfe verletzt wurden. Zudem wurden zahlreiche palästinensische Häuser und Geschäfte von den Siedlern in Brand gesteckt. Israelische Soldaten brachten dutzende Palästinenser vor den Flammen in Sicherheit.
Premierminister Benjamin Netanjahu (Likud) rief am Sonntagabend seine Landsleute auf, das Gesetz nicht in die eigenen Hände zu nehmen und stattdessen auf die Sicherheitskräfte zu vertrauen. Staatspräsident Jitzchak Herzog äußerte sich ähnlich: „Das Gesetz in die eigenen Hände zu nehmen, zu randalieren und Gewalt gegen Unschuldige auszuüben – das ist nicht unsere Art, und ich spreche meine energische Verurteilung aus. Wir müssen der Armee, der Polizei und den Sicherheitskräften erlauben, den verabscheuungswürdigen Terroristen festzunehmen und die Ordnung sofort wiederherzustellen.“
Eskalation während israelisch-palästinensischer Gespräche
Angesichts der Eskalation der Lage kündigte die Armee an, ihre Truppen im Westjordanland zu verstärken. Ein Sprecher teilte mit, dass „die Sicherheitskontrollen auf den Straßen, die nach Nablus hinein- und herausführen, verstärkt werden.“ Zudem setze die Armee die Fahndung nach dem palästinensischen Terroristen fort.
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas (Fatah) verurteilte am Abend die „terroristischen Akte“, die von Siedlern ausgehen würden. Schuld trage zudem die „rechtsextreme israelische Regierung“. Das amerikanische Außenministerium ließ verlauten, dass die USA die Gewalt im Westjordanland und den Terroranschlag auf zwei Israelis verurteile und warnte vor einer weiteren Eskalation. Die Europäische Union forderte israelischen und palästinensischen Behörden auf, „diesen endlosen Kreislauf der Gewalt zu beenden“.
Der Terroranschlag und die Siedlergewalt fallen inmitten von sicherheitspolitischen Gesprächen zwischen Israel und Palästinensern. Am Sonntag trafen sich Vertreter beider Seiten im jordanischen Badeort Akaba. Ziel sei es gewesen, „Vertrauen“ aufzubauen. Bei den Gesprächen waren auch Vertreter Ägyptens und der USA vor Ort. Anlass für die Gespräche war ein tödlicher Anti-Terror-Einsatz der israelischen Armee am Mittwoch, bei dem elf Palästinenser ums Leben kamen. Aus einer Abschlusserklärung geht hervor, dass alle Beteiligten eine weitere Eskalation vermeiden und auf einen „gerechten und langfristigen Frieden“ hinarbeiten wollen. (Israelnetz)