Geisel aus Tunnel befreit – Herzog: „Unser Bruder ist nach Hause gekommen!“

Geisel aus Tunnel befreit – Herzog: „Unser Bruder ist nach Hause gekommen!“

Ehemalige Hamas-Geisel Farhan al-Kadi
Am Telefon erzählt Farhan al-Kadi dem Präsidenten: „Unsere Soldaten verrichten eine heilige Arbeit“. Foto: Yossi Ifergan, GPO

Zum ersten Mal befreit die Armee eine Geisel lebend aus einem Tunnel. Weil der Mann unbewacht ist, verläuft die Operation kampflos.

Israelische Spezialkräfte haben am Dienstag den Beduinen Farhan al-Kadi befreit. Er war 326 Tage in der Gewalt der Hamas. Al-Kadi stammt aus der Wüstenstadt Rahat und war am 7. Oktober aus dem Kibbuz Magen entführt worden. Dort arbeitete er als Wächter in einem Packhaus.

Soldaten der Marine-Einheit Schajetet 13 seien überrascht gewesen, als sie den Mann am Dienstag alleine in einem Tunnel im südlichen Gazastreifen entdeckten, berichtete der israelische Sender „Kan“. Al-Kadi sagte, seine Bewacher seien geflohen, als sie die nahenden Israelis bemerkten. Er selbst habe Angst gehabt, in Sprengfallen zu treten. Daher sei er an dem Ort geblieben, wo ihn seine Entführer zurückgelassen hatten.

„Ich habe nicht geglaubt, als ich plötzlich Hebräisch hörte“

Weil er im Tunnel allein gewesen sei, hätten die Soldaten zunächst vermutet, es handele sich bei Al-Kadi um einen Hamas-Terroristen. Schnell hätten sie gemerkt, wie schwach er sei. Dann sei ihnen klar geworden, dass es sich um einen israelischen Staatsbürger handelt.

Mit dem Hubschrauber wurde Al-Kadi in das Krankenhaus Soroka nach Be’er Scheva geflogen. Dort begrüßte Staatspräsident Jizchak Herzog den Befreiten am Telefon: „Lieber Farhan, es ist bewegend, deine Stimme zu hören! Unser Bruder ist nach Hause zurückgekehrt. Unser Bruder ist zurückgekommen!“

Al-Kadi dankte dem Staat Israel und der Armee, die kam, um ihn zu befreien: „Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie Menschen dort leiden! Plötzlich hörte ich Männer, die Hebräisch sprachen. Ich konnte es nicht glauben! Ich danke unserer Armee. Die Soldaten verrichten eine heilige Arbeit, indem sie ihr Leben riskieren!“

In den Telefonaten mit Herzog und Premierminister Benjamin Netanjahu (Likud) betonte der geschwächte Mann die Notwendigkeit, die anderen Geiseln zu befreien: „Danke, dass ihr mich zu meiner Familie zurückgebracht habt. Doch es gibt so viele weitere, die auf diesen Moment warten! Bitte tut alles, um diese Leute zurückzubringen. Arbeitet 24 Stunden und geht nicht schlafen, bis alle zurückgekommen sind.“

Schwach, aber lebendig

Al-Kadi hat mehrere Geschwister, zwei Frauen und elf Kinder. Dschuma al-Kadi, ein Bruder der ehemaligen Geisel, erzählte im israelischen Radio: „Er ist total fertig, besteht nur noch aus Haut und Knochen, das ist beängstigend. Er hat mindestens 20 Kilogramm abgenommen.“ Sein Bruder habe erzählt, dass er die gesamte Haftzeit allein gewesen sei und keine anderen Geiseln getroffen habe. „Ich konnte mich noch gar nicht wirklich mit ihm unterhalten“, berichtet der Bruder über ihre erste Begegnung. „Ich habe ihn die ganze Zeit umarmt und geküsst.“

Dem Radiosender „Kan“ erzählte Dschuma auch von der Unsicherheit der Familie in den vergangenen zehneinhalb Monaten. Manchmal habe ihn sein Neffe, einer der Söhne Farhans, morgens um fünf Uhr angerufen und gesagt: „Ich muss wissen, was mit meinem Vater los ist. Ich gehe jetzt nach Gaza, auch wenn ich dabei sterbe.“ Ein anderer Neffe habe gesagt: „Auch wenn er schon tot ist, ich muss wissen, wer ihn getötet hat.“

Hatem al-Kadi, ein weiterer Bruder Farhans, sagte euphorisch: „Es ist, als wäre ein neuer Mensch auf die Welt gekommen. Das ist besser als eine Wiedergeburt.“ Trotz seines schwachen Zustands wurde Al-Kadi am Mittwochnachmittag, keine 24 Stunden nach seiner Befreiung, aus dem Krankenhaus entlassen.

Die Rettungsaktion ist die erste, bei der eine Geisel aus den Tunneln befreit wurde. Außerdem ist es die erste, die kampflos ablief. Nach der Operation erklärte die Armee, dass die Aktion gemeinsam von Soldaten der Einheit Schajetet 13, der Brigade 401, der Spezialeinheit 5528 (Jahalom) und dem israelischen Inlandsgeheimdienst Schabak durchgeführt worden sei. Das Kommando habe die „Division 162“ geführt. Sie hätten Tunnel untersucht, weil sie dort Hamas-Terroristen, Geiselnehmer oder Sprengsätze vermuteten.

Hamas: „Wir ließen ihn frei, weil er Muslim war“

Schon kurz nach der Rettungsaktion am Dienstagnachmittag waren die Sozialen Medien in Israel voller Gerüchte über die angeblichen Umstände der Befreiung. Armeesprecher Daniel Hagari forderte die Israelis auf, keine Falschnachrichten zu verbreiten. Dies gefährde den Erfolg der militärischen Operationen, sowie auch das Leben der Sicherheitskräfte und Geiseln.

Kurz nach der Befreiung teilte die Hamas mit, dass sie Al-Kadi absichtlich freigelassen habe, weil er Muslim sei. Der israelische Außenminister Israel Katz (Likud) fragte rhetorisch: „Warum wurden dann Muslime überhaupt entführt und ermordet? Warum lassen die Terroristen nicht die verbliebenen Geiseln und Leichen von Muslimen frei?“ Seine Frage beantwortete er sich selbst: „Die Terror-Organisation Hamas sieht in den in Israel lebenden Muslimen Kollaborateure, die den Tod verdient haben.“ Unter den 251 Menschen, die die Hamas am 7. Oktober als Geiseln genommen hatte, waren sechs Beduinen. (Israelnetz)

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