„Mut, zur Wahrheit zu stehen“: Israel-Solidaritätsreise März 2024

„Mut, zur Wahrheit zu stehen“: Israel-Solidaritätsreise März 2024

Reisegruppe
Haben auf einer CSI-Reise Solidarität mit Israel gezeigt: Alexander Garth, Reinhardt Schink, Luca Hezel, Lars Flottmann, Maximilian und Alexander Oberschelp, René Wagner (v.l.). Foto: privat

Vom 11. bis zum 15. März waren christliche Leiter und Multiplikatoren auf einer von CSI organisierten Delegationsreise in Israel. Sie wollten sich ein Bild von der aktuellen Situation und Atmosphäre vor Ort machen und ihre Solidarität und Freundschaft mit Israel zum Ausdruck bringen. Teilnehmer der Reise waren Reinhardt Schink (Evangelische Allianz Deutschland), Alexander Garth (Evangelische Allianz Deutschland), das Musiker-Duo O’Bros (Alexander und Maximilian Oberschelp), Kai Flottmann (FCG Bayreuth) und René Wagner (ZEAL Church Leipzig). Im Gespräch mit dem CSI-Vorsitzenden Luca Hezel, der die Reise geleitet hat, berichten sie von ihren Erfahrungen.

Luca Hezel: Aus welchem Grund seid ihr mit nach Israel gereist?

Reinhardt Schink: Die Reise war für mich ein sichtbares Zeichen der Solidarität mit Israel in dieser herausfordernden Situation. In derartigen Situationen sind angesichts der Fehl- und Desinformation Informationen aus erster Hand notwendig. Es ging mir darum, einen Eindruck von der Stimmung im Land zu bekommen und zu verstehen, was den Menschen in dieser Situation wirklich helfen würde – seien es Hilfsprojekte, Kommunikation über die Lage oder einfach auch Gebetsanliegen. Eines habe ich dabei sehr bewusst zuhause gelassen: schlaue Ratschläge von einem, der nicht in dieser Situation leben muss. Besserwissertum von nicht direkt Betroffenen war bei keinem von uns ein Grund für die Reise.

Kai Flottmann: Für mich war es die erste Israel-Reise überhaupt. Ich hätte mir wohl andere Umstände gewünscht, aber letztlich konnte es keinen besseren Zeitpunkt geben. Mir war es wichtig auf diese Weise auszudrücken, dass ich gerade dann an Israels Seite stehe, wenn es am nötigsten scheint.

Alexander Garth: Israel braucht unsere Solidarität gerade in der derzeitigen Situation. Wir stehen in der Schuld der Juden, einmal weil sie unsere älteren Geschwister sind, zweitens weil wir Christen auf Grund unserer antijüdischen Geschichte die Liebe Gottes und seine Treue zu Israel bezeugen müssen und drittens, weil wir Deutschen auf Grund unserer Schuldgeschichte Israel und die Juden in besonderer Weise unterstützen und ermutigen müssen.

Alex Oberschelp: Nach dem Abitur habe ich ein halbes Jahr in Israel verbracht, wodurch meine Verbindung zu diesem Land sehr tief ist. Israel ist auch für uns Deutsche aus historischer Sicht sehr relevant, insbesondere im Hinblick auf den Holocaust. Vor allem aber ist das Land aus biblischer Sicht mehr als nur ein Nebenschauplatz. Die Bibel lässt da keinen Raum für Missverständnisse – für den lebendigen Gott war, ist und wird Israel immer ein Schlüsselland sein.

Welche Erfahrungen habt ihr in Israel gemacht?

Alexander Garth: Ich habe ein verletztes und traumatisiertes Land angetroffen, das dennoch mit Stärke, Entschlossenheit und Hoffnung in die Zukunft geht.

René Wagner: Die Reise nach Israel war eine meiner emotionalsten Reisen, die ich gemacht habe. Wir sind vor Ort auf unfassbar viele offene Menschen getroffen, die sich darüber gefreut haben, dass Menschen kommen und sich für ihre Erlebnisse interessieren, um ein medial unabhängiges Bild zu bekommen. Obwohl die Menschen so herzlich und offen waren, war es sehr schockierend zu sehen, wie traumatisiert das ganze Land ist. Gleichzeitig war es bewegend, mit welcher Einheit die Menschen zusammenhalten.

auf dem Festivalgelände
Die Reiseteilnehmer am Ort des Nova-Festivals, an dem Hamas-Terroristen mehr als 360 Israelis ermordeten. Foto: privat

Kai Flottmann: Mich hat sehr überrascht, wie offen und herzlich die Menschen auf uns als Deutsche reagiert haben. Wie sehr sie sich darüber gefreut und es zutiefst geschätzt haben, dass wir da sind. Sie spürten, dass uns Israel nicht egal ist, sondern wir ein echtes Interesse daran haben, zu erfahren, wie es ihnen geht und wie wir unterstützen können.

Reinhardt Schink: Beklemmend und surreal: an frühlingshaften Tagen in einer scheinbar friedlichen Umgebung plötzlich die furchtbare Zerstörung und die Auswirkungen des blinden Hasses an den Orten des Massakers zu sehen. Ich bin erschrocken darüber, wozu Menschen fähig sind und gleichzeitig erschüttert, wie schnell die furchtbaren Terrorakte verdrängt werden und eine Täter-Opfer-Umkehr in der weltweiten Wahrnehmung stattfindet. Ich bin ins Nachdenken darüber gekommen, wie schnell und leicht Gutes böse und Böses gut genannt werden kann.

Was war neu oder besonders eindrücklich für euch?

Kai Flottmann: Zu erleben, dass fast ein halbes Jahr nach dem 7. Oktober das Land immer noch im Schockzustand ist und dabei, sein Trauma zu verarbeiten. Jeder, der uns begegnet ist, war in irgendeiner Form persönlich von dem Kriegsgeschehen betroffen. Trauer, Schmerz, Sorge waren spürbar. Aber trotz all der Emotionen waren weder Hass noch Vergeltungswünsche spürbar, sondern der Wunsch nach einem friedlichen Leben im Land Israel. Es wurde für mich sehr eindrücklich, dass es für Juden tatsächlich keine Alternative für ein sicheres Leben gibt, als im Land Israel, ihrer legitimen Heimat. Die Begegnungen mit den Menschen haben mich am meisten bewegt.

Alexander Garth: Wir haben Menschen getroffen, die unvorstellbar Böses und Grausames erleben mussten. Ich bewundere ihren Lebensmut.

Alex Oberschelp: Es gibt ein jüdisches Sprichwort „Jeder Mensch ist eine ganze Welt“, welches für mich immer eher abstrakt war. Doch als ich den Schmerz im Volk für jede einzelne verschleppte oder getötete Geisel gespürt habe, wurde mir bewusst, wie ernst die Israelis das nehmen. Während die Geiseln in deutschen Medien kaum noch erwähnt werden, sind sie dort das prägende Thema des Konflikts.

Welche Momente werden euch noch lange in Erinnerung bleiben?

Alexander Garth: Die Tage in Israel waren wohl die intensivste Zeit, die ich je erlebte: Gespräche mit Opfern, Politikern, Leitern von Organisationen, die sich für die Opfer einsetzen, Gespräche mit (Armeesprecher) Arye Shalicar über die Situation des Krieges. Mit am meisten hat mich die Begegnung mit Zaka betroffen, einer Organisation orthodoxer Juden, welche sich um die Identifizierung von Menschen kümmert, die ihr Leben lassen mussten. Der Austausch in unserer Gruppe hat mir geholfen, das Gehörte und Gesehene zu verarbeiten und in Gebet und Klage vor Gott zu bringen.

Maxi Oberschelp: Ich werde mich immer an den Mann erinnern, der Teil des ehrenamtlichen Teams war, welches die menschlichen Überreste des Massakers mit seinen eigenen Händen sammeln und sortieren musste. Das sind Szenen, die man sich kaum vorstellen kann.

Kai Flottmann: Als wir die Orte des Schreckens vom 7. Oktober besucht und von den Erfahrungen Betroffener gehört haben, konnten wir den Schmerz wirklich mitfühlen und ehrlich Anteil nehmen. Da sind für mich die Worte von Paulus „wenn ein Teil des Körpers leidet, leiden alle anderen mit“ zu einer ganz persönlichen Erfahrung geworden. Wir konnten immer wieder für und mit Menschen beten und das waren wirklich heilige Momente, die man nicht so schnell vergisst.

Reinhardt Schink: Die Begegnungen mit Israelis, die unmittelbar den Terror erlebt und auch Familienangehörige verloren haben. Und die trotz der Trauer bereit sind, sich für eine friedliche Zukunft einzusetzen und dem Hass keinen Raum in ihrem Herzen geben.

Bilder errinnern an Geiseln
DIe Geiseln sind in Israel noch immer prägendes Thema des Konflikts. Foto: privat

Wie ist es euch in den Tagen nach der Israelreise ergangen?

René Wagner: Nach der Reise habe ich mindestens 14 Tage damit verbracht, das Gesehene und Erlebte zu verarbeiten und unter die Füße zu bekommen. Die ganzen Bilder und Eindrücke wirken noch immer nach und nehmen mich bis heute mit.

Kai Flottmann: Ich bin immer noch sehr dankbar, diese Reise gemacht zu haben und es war mir wichtig, meine Erfahrungen und die Geschichten der Menschen zu teilen und an andere weiterzugeben. Wenn man das vor Ort selber erlebt hat, dann sind es nicht länger einfach irgendwelche Nachrichten und Zahlen, nicht mehr weit weg, sondern das ist ganz nah und betrifft einen persönlich. Seitdem lebe ich meine Verantwortung, Israel zu unterstützen, viel konkreter und praktischer.

Maxi Oberschelp: Wenn man aus einem aktiven Kriegsgebiet nach Hause in sein gemütliches Umfeld kommt, beschäftigt einen das natürlich noch lange. Für mich waren das so einschneidende Erfahrungen, dass sie mich noch mehrere Nächte beschäftigt haben. Das Leiden so vieler Menschen zu spüren, kann einen nicht kalt lassen.

Reinhardt Schink: Ich konnte nicht einfach in meinen Alltag zurück, als wäre nichts geschehen gewesen. Seit der Reise verfolge ich die Situation in Israel und im Nahen Osten noch viel genauer und bete häufiger dafür. Es gibt viel Desinformation und Lüge. Vermeintlich einfache Lösungen greifen zu kurz und werden der Realität nicht gerecht. Der Einsatz gegen Antisemitismus ist wichtiger denn je. Ihm entgegenzutreten, ist ein Muss für alle Kirchen und jeden Jesus-Nachfolger.

Was nehmt ihr für euch aus der Reise mit?

René Wagner: Die Reise nach Israel hat eine noch tiefere Liebe für das Volk Israel in mir entfacht. Sie hat mich noch mehr dazu motiviert, für Israel zu beten und für die Wahrheit einzustehen.

Kai Flottmann: Meine Liebe zu Israel hat durch die Reise eine neue Tiefe gewonnen und mein Verständnis für das Land und die Menschen sind gewachsen. Seitdem lese ich die Bibel mit anderen Augen und bin gestärkt, dass Gott die Verheißungen für sein Volk erfüllen wird.

Alexander Garth: Meine Liebe zu Land und Leuten in Israel ist gewachsen und meine Überzeugung hat sich verstärkt, wie sehr Israel unsere Unterstützung braucht. Als ich an der Reise teilnahm, schrieb ich gerade an einem neuen Buch. Die Reise hat mich herausgefordert, ein Kapitel über Israel zu schreiben, um den Lesern das Besondere dieses Landes, seiner Menschen und seiner Geschichte nahezubringen. Ich schreibe damit auch gegen den wachsenden Antisemitismus in unserem Lande an.

Alex und Maxi Oberschelp: Die Erfahrung, dass es auf dieser Welt das Böse gibt. Und Mut. Mut, zur Wahrheit zu stehen.

Vielen Dank dafür, dass ihr eure Eindrücke geteilt habt!

Dieser Artikel erschien zuerst in unserer Zeitung „Israelaktuell“, Ausgabe 137. Sie können die Zeitung hier kostenlos bestellen. Gerne senden wir Ihnen auch mehrere Exemplare zum Auslegen und Weitergeben zu.

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