Von Rainer Urban
Mosab Hassan Yousef gilt in seinen Kreisen als Verräter. Denn er hat die Seiten gewechselt. Vom Hamas-Terroristen wird er zum Spion für Israel. In seiner bewegenden Lebensgeschichte gibt er tiefe Einblicke in die Welt der Hamas und des Nahostkonflikts. Die nun erschienene Neuauflage seiner erstmals 2010 veröffentlichten Biografie ist brandaktuell. Sie enthält eine Einschätzung des Autors zur aktuellen Lage in Israel und dem Gazastreifen nach dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023.
Einen Tag nach dem grausamen Töten, Abschlachten und Verbrennen von über tausend jüdischen Menschen und der perfiden Geiselnahme am 7. Oktober 2023 fand in San Francisco eine „Demonstration der Freude“ über das Hamas-Massaker statt. Allen voran ernannte ein Professor der Universität von Berkeley das Massaker zum palästinensischen Unabhängigkeitstag. Seitdem gibt es weltweit an Universitäten und anderen Orten Aufrufe zur Vernichtung Israels.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan empfing unlängst Hamas-Chef Ismael Hanijeh, der einst über sein eigenes palästinensisches Volk sagte: „Wir brauchen das Blut der Frauen, Kinder und älteren Leute in Gaza, denn es weckt den revolutionären Geist und stärkt unsere Entschlossenheit.“
Seit Monaten findet ein abscheulicher Krieg mit anti-israelischer Propaganda im Internet statt. Diese nutzt beispielsweise Videos der israelischen Armee, verfälscht sie, verdreht Fakten und stellt Falschbehauptungen in übelster Weise auf.
Ein radikaler Seitenwechsel
Mosab Hassan Yousef ist absolut davon überzeugt, dass die Terror-Organisation Hamas alles andere als eine Befreiungs-Organisation für Palästina ist. Er ist der älteste Sohn von Scheich Hassan Yousef, einem der sieben Mitbegründer der Hamas, welche Mitte der achtziger Jahre gegründet wurde.
Mit 18 Jahren wurde Yousef – der zu dieser Zeit einen grenzenlosen Hass auf Israel hatte – von der israelischen Armee in eine der meistgefürchteten Strafanstalten gesperrt. Im Gefängnis erlebte er innerhalb des Herrschaftsbereichs der Hamas, wie diese auf brutalste Weise ihre eigenen Leute foltert und zu Tode bringt. „Das war ein riesiger Schock für mich“, so Yousef. So fragte er sich: „Wer ist eigentlich mein Feind, sind es die Israelis, ist es die Hamas?“ Er ist entsetzt über den gesetzlosen Dschungel in der palästinensischen Gesellschaft. „Für wen sollten die Leute sterben? Für einige korrupte Politiker, damit ein korrupter Staat geschaffen wird, der von korrupten Politikern übernommen wird und die eigenen Leute weiter ausnutzt?“
Yousef ließ sich auf eine Zusammenarbeit mit dem israelischen Inlands-Geheimdienst Schin Beit ein. Er sah darin eine Chance, das Töten zu unterbinden und den Tod unschuldiger Israelis und Palästinenser zu verhindern. „Als ich für Israels Geheimdienst arbeitete, gab ich mich als Terrorist aus. Ich trug eine Waffe und nahm an terroristischen Treffen teil, bei denen Jassir Arafat, mein Vater und andere Hamas-Führer anwesend waren.“ Mehr als zehn Jahre bekämpfte Yousef als Agent unter dem Decknamen „Grüner Prinz“ den Terrorismus aus dem Hintergrund und verhinderte Dutzende von Anschlägen.
Doch gleichzeitig geschah noch etwas Entscheidendes im Leben von Yousef: Er kam mit einer Gruppe von Christen in Kontakt, die ihm ein Neues Testament auf Arabisch und Englisch schenkten. Als er im Matthäus-Evangelium die Bergpredigt las, war er von Jesus beeindruckt. „Jeder Vers schien eine tiefe Wunde in meinem Leben zu berühren. Es war eine sehr einfache Botschaft, aber irgendwie hatte sie die Kraft, meine Seele zu heilen und mir Hoffnung zu geben.“
Wer tiefere Einblicke in die Vorgehensweise und Ideologie der Hamas gewinnen möchte, dem sei dieses Buch sehr empfohlen.
Mosab Hassan Yousef mit Ron Brackin, „Sohn der Hamas – Mein Leben als Terrorist“, 2. aktualisierte Auflage 2024 (12. Gesamtauflage), SCM Hänssler, 288 Seiten, 14,95 Euro, ISBN: 978377516231.
Dieser Artikel erschien zuerst in unserer Zeitung „Israelaktuell“, Ausgabe 137. Sie können die Zeitung hier kostenlos bestellen. Gerne senden wir Ihnen auch mehrere Exemplare zum Auslegen und Weitergeben zu.