Was die Asche einer roten Kuh mit dem Hamas-Angriff zu tun hat: Die spirituelle Dimension hinter dem 7. Oktober

Was die Asche einer roten Kuh mit dem Hamas-Angriff zu tun hat: Die spirituelle Dimension hinter dem 7. Oktober

rote Kühe im Stall
In Schilo in Samaria werden derzeit mehrere rote Kühe gehalten, die bislang den biblischen Anforderungen für die Herstellung des „Reinigungswassers“ entsprechen. Foto: Natasha Wiekmeijer

Viel ist berichtet worden über den „Schwarzen Schabbat“ vom 7. Oktober 2023. Im Nahen Osten haben sich seither die Ereignisse überschlagen. Dort herrscht bereits eine neue Zeit, die wir im Westen erst noch verstehen lernen müssen. Ein medial unterbelichtetes Element ist hierbei die religiös-spirituelle Ebene hinter der Eskalation im Nahostkonflikt. Und da hat ein von Mose eingesetzter jüdischer Reinigungsritus eine entscheidende Bedeutung: die Asche der roten Kuh.

Ein kommentierender Hintergrundbericht von Josias Terschüren

Bevor die palästinensische Terror-Organisation Hamas gemeinsam mit anderen Terrorgruppen aus dem Gazastreifen am 7. Oktober 2023 den Grenzzaun zu Israel durchbrach und auf barbarischste Weise 1200 Menschen tötete, 240 Geiseln nahm und Tausende folterte, verstümmelte, vergewaltigte und verletzte, erklärte der Anführer der Izz ad-Din al-Qassam-Märtyrerbrigaden, Muhammad Deif, in einer Audiobotschaft die ideologischen Gründe für den Terror-Angriff auf Israel. Dies berichtete unter anderem die Organisation MEMRI, welche die Medienberichterstattung im Nahen Osten beobachtet. In seiner Botschaft machte Deif deutlich, weshalb die Hamas ihrer Terror-Operation den Namen „Al-Aksa Flut“ gab. Im Fokus standen nicht die nachher direkt betroffenen israelischen Kibbutzim nahe der Grenze zum Gazastreifen, sondern Jerusalem und insbesondere der Tempelberg.

Am 100. Tag nach dem 7. Oktober führte Hamas-Sprecher Abu Obeida dieses Motiv aus und erklärte laut der Website Palestine Chronicle: „Wir erinnern an eine Aggression, die ihren Höhepunkt gegen unseren Weg (Al-Quds) und Al-Aksa erreicht hat, mit dem Beginn ihrer tatsächlichen zeitlichen und räumlichen Teilung und dem ,Bringen von roten Kühen’ als Anwendung eines verabscheuungswürdigen religiösen Mythos, der für die Aggression gegen die Gefühle einer ganzen Nation im Herzen ihrer arabischen Identität und den Weg ihres Propheten (die Nachtreise) und die Auffahrt zum Himmel bestimmt ist.”

Auch wenn die Argumentation der Hamas für ihren abscheulichen und barbarischen Angriff einer ethischen Beurteilung natürlich nicht standhält und der Versuch, den Juden die Schuld für das Hamas-Massaker selbst in die Schuhe schieben zu wollen, allzu durchsichtig ist, lohnt es sich, einen Moment innezuhalten und sich mit den roten Kühen zu beschäftigen, die offensichtlich Teil der Hamas-Agenda hinter dem Angriff sind.

Biblisches Reinigungsritual mit messianischer Bedeutung

Bibelkenner werden um die Bedeutung der Asche der roten Kuh wissen, die Mose in seinem 4. Buch, Kapitel 19 beschreibt und auf die auch der Schreiber des neutestamentlichen Hebräerbriefs (9,13) direkt Bezug nimmt. Die rote Kuh ist aus jüdischer Sicht eine der notwendigen Vorbedingungen für die Wiedereinsetzung des Tempeldienstes – was derzeit nur eine religiös-zionistische jüdische Minderheit befürwortet. (Mehr zur biblischen Bedeutung der Asche der roten Kuh finden Sie in diesem Artikel meines Kollegen Dr. Tobias Krämer.)

Die jüdische Tradition besagt, dass es bislang in der Geschichte nur neun rote Kühe gab, die verbrannt und zur Herstellung von Reinigungswasser verwendet worden sind. Nach der Durchführung des Rituals durch Mose und später Esra wurden in der Zeit des Zweiten Tempels noch sieben weitere Kühe verbrannt. Der jüdische Gelehrte Maimonides lehrte im Mittelalter, die Darbringung der zehnten roten Kuh sei ein Anzeichen für das messianische Zeitalter.

Erstmals seit 2000 Jahren wieder rote Kühe gefunden

Nun gab es seit etwa 2000 Jahren keine geeigneten, makellosen, zweijährigen roten Kühe mehr. Bis das Tempel-Institut in Jerusalem sich vor Jahren weltweit auf die Suche machte und schließlich Erfolg hatte. Ein evangelikaler Farmer aus Texas hatte in seiner Rente angefangen, rote Kühe zu züchten – aufgrund seiner Überzeugung, dass Israel eben solche brauchte. Rabbiner, die zur Untersuchung jedes einzelnen Haares mit der Lupe – es darf keine zwei nicht-roten Haare geben – extra anreisten, erklärten 21 Tiere für geeignet.

Ein Umstand, der nur Covid-19 zu „verdanken“ war. Normalerweise müssen Kälber direkt nach der Geburt eine Ohrmarke bekommen. Diese wäre für die vom mosaischen Gesetz geforderte Makellosigkeit der roten Kühe aber ein Ausschlusskriterium gewesen. Aufgrund der Corona-Beschränkungen konnte der Tierarzt nicht anreisen und die Kühe blieben genau im richtigen Moment koscher. Fünf von ihnen konnten im Jahr 2022 schließlich erfolgreich als „Haustiere“ nach Israel eingeflogen werden. Das US-Handelsgesetz erlaubt eigentlich keine Ausfuhr lebendiger Nutztiere nach Israel, weshalb hierfür unter erheblichem Aufwand juristisch kreative Lösungen gefunden und umgesetzt werden mussten.

rote Kühe im Stall
Makellos und für das Ritual qualifiziert sind mittlerweile nur noch vier der ursprünglich fünf für koscher erklärten Kühe. An einer wurden mehrere weiße Haare gefunden. Die Tiere werden regelmäßig von Rabbinern untersucht, mit zunehmendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihre „Makellosigkeit“ verlieren. Foto: Aryel Tsion https://t.me/aryeltsionisraelguide

Seither gibt es nun also fünf rote Kühe in Israel, die derzeit in der israelischen Ortschaft Schilo in Samaria gehalten und geschützt werden. Auf sie hat sich die Hamas in ihrer Erklärung bezogen. Die Kühe sind jetzt etwa zwei Jahre und fünf Monate alt. Mittlerweile sind von den fünf Kühen nur noch vier koscher, da eine in der Zwischenzeit einige weiße Haare am Schwanz bekommen hat. Jede der anderen könnte für das Reinigungsritual ab sofort Verwendung finden. Die Wahrscheinlichkeit, dass noch weitere Kühe ihre Qualifikation der Makellosigkeit verlieren, wird mit zunehmendem Alter der Tiere immer größer. Es läuft also gerade ein Rennen gegen die Zeit.

Das passende Grundstück für das Ritual

Für das Ritual werden nicht nur eine geeignete rote Kuh benötigt, sondern auch geeignete Priester. Und: Die Darbringung muss an einem bestimmten Ort geschehen, nämlich früher außerhalb des Lagers vor der Stiftshütte und in Zeiten des Tempels außerhalb der Stadt auf dem Ölberg. Und hier gab es bis vor Kurzem ein weiteres Problem, denn dieser Teil der Stadt ist fest in arabischer Hand und jeder Palästinenser, der sein Grundstück einem Juden verkauft, kann dafür von seinen Landsleuten mit dem Tod bestraft werden. Schlechte Bedingungen also für einen Landkauf zum Schächten.

Doch Rabbi Jitzchak Mamo, der zusammen mit dem evangelikalen Unternehmer Byron Stinson an der erfolgreichen Suche nach der roten Kuh beteiligt war und auf dem „National Gathering for Prayer and Repentance“ in Washington DC davon berichtete, erklärte, dass es ihm „durch ein Wunder“ gelungen sei, ein Dunam (1000 Quadratmeter) Land auf dem Ölberg, auf gleicher Höhe mit dem Tempelberg, zu kaufen. Dem Vollzug des Reinigungsrituals steht also das erste Mal seit den Zeiten Jesu physisch nichts mehr im Wege. Jetzt hängt es ganz von den beteiligten Rabbinern und der israelischen Regierung ab, ob und wann das Ritual stattfinden kann. Bislang hat die israelische Regierung durch die Polizei jüdische Versuche der Rückkehr zu Opferritualen oder der Wiedererrichtung des Tempels stets abgewehrt.

Gold aus Papua-Neuguinea

Auf der gleichen Veranstaltung berichtete Rabbi Mamo davon, dass er von dem Stamm der Ophia aus Papua-Neuguinea eingeladen worden sei. In diesem Stamm wird seit drei Jahrtausenden die Identität und das Geheimnis von Generation zu Generation weitergegeben, dass sie es gewesen seien, die dereinst dem israelitischen König Salomo Gold zum Bau eines Tempels gegeben haben.

Zu Papua-Neuguinea gehört auch die im 16. Jahrhundert von dem spanischen Seefahrer Alvaro de Mendaña de Neyra entdeckte Inselgruppe der Salomonen. Vielleicht benannte er sie eben aufgrund dieser mündlich überlieferten Tradition so? Denn tatsächlich lesen wir in der Bibel in 1. Könige 9 und 10 davon, dass die Schiffsleute von König Hiram im Auftrag Salomos von der Stadt Eilat am Roten Meer aus in See stachen und alle drei Jahre Gold aus Ophir brachten.

Papua-Neuguinea ist eines der Länder mit den größten Goldvorkommen der Welt und der Premierminister des Landes hat zusammen mit seinem Kabinett beschlossen, neue Goldvorkommen zu erschließen, von denen ein Drittel an die Betreibergesellschaft, ein Drittel an den Staat und ein Drittel nach Israel zum Bau des dritten Tempels gehen soll. Eine entsprechende Absichtserklärung ist bereits unterzeichnet. Interessant, was derzeit alles gleichzeitig und unabhängig voneinander an Vorgängen mit Relevanz für den Tempelbau geschieht.

Zur Zeit des zweiten jüdischen Tempels in Jerusalem führte eine eigens nach biblischen Reinheitsgeboten zur Vermeidung von Verunreinigung konstruierte Brücke vom Tempelberg über das Kidron-Tal auf den Ölberg. Über diese zog der Hohepriester mit der roten Kuh, um sie mit Blick auf den Tempel zu schächten und zu verbrennen. Foto: Temple Institut

Westliche Blindheit für Spirituelles

Bedeutet das Reinigungsritual der roten Kuh nun zwangsläufig den Bau des dritten Tempels oder das Kommen des messianischen Zeitalters? Nicht unbedingt. Die Asche der roten Kuh ist zwar Vorbedingung für rituelle Reinheit und damit für den Tempeldienst, aber deren Verfügbarkeit bedingt noch keinen Tempel. Doch das Judentum hätte die Möglichkeit, unter dem Gesetz in einen spirituellen Zustand zu kommen, der ihm seit fast 2000 Jahren verwehrt war. Der alttestamentliche Prophet Hesekiel sieht diesen Schritt nach der Sammlung Israels aus den Nationen als weitere notwendige Voraussetzung für die völlige Wiederherstellung Israels an:

„Denn ich will euch aus den Völkern herausholen und euch aus allen Ländern sammeln und wieder in euer Land bringen (bereits geschehen, beziehungsweise im Gange), und ich will reines Wasser über euch sprengen, dass ihr rein werdet; von all eurer Unreinheit und von allen euren Götzen will ich euch reinigen. Und ich will euch ein neues Herz und einen neuen Geist in euch geben und will das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben. Ich will meinen Geist in euch geben und will solche Leute aus euch machen, die in meinen Geboten wandeln und meine Rechte halten und danach tun. Und ihr sollt wohnen im Lande, das ich euren Vätern gegeben habe, und sollt mein Volk sein, und ich will euer Gott sein.“ (Hesekiel 36,24-28)

Dass just in der Zeit, in der das erstmalig wieder möglich wird, der Nahostkonflikt in die größte Eskalation bisher gelangt und dass das größte Massaker an Juden seit der Schoah ausgerechnet unter Bezugnahme auf diesen Umstand geschehen ist, mag dem wachen Betrachter zu denken geben.

Vorbereitungen auf den Gog- und Magog-Krieg?

Auf der von Jordan United Press mit Sitz in Amman herausgegebenen Nachrichten-Website Jordan News erfahren wir von einem vermeintlichen israelischen Investigativreport, laut dem fünf rote Kühe „aus Texas importiert”, „in einer geheimen Farm” untergebracht und „für die bevorstehende Ankunft des Messias und den anschließenden Bau des Tempels auf den Ruinen der Al-Aksa-Moschee gehalten” werden. Der Artikel versteht diese Aktionen als Vorbereitung auf die in der Bibel angekündigte Schlacht von Gog und Magog. Der Gog- und Magog-Krieg ist laut Hesekiel 38 und 39 ein endzeitlicher Krieg, in dem Israel von einem Nationenverbund vermeintlich unter der Leitung Russlands und Miteinbezug des Iran und der Türkei angegriffen und von Gott selbst verteidigt werden wird. Mehr dazu finden Sie hinter dem QR-Code am Ende dieses Artikels.

Egal, wie man zu der im Artikel geäußerten islamischen Lesart der Endzeit stehen mag, fakt ist: Im Gegensatz zu unserer westlich-atheistisch geprägten Kultur, versteht man im Nahen Osten die Realität anders. Herkunft, Land, Familie, Heimat und Religion sind dort keine verachteten und verdrängten Werte oder Institutionen, sondern Teil der politischen und gelebten Wirklichkeit. Die Bedeutung von Religion für den Nahostkonflikt kann gar nicht hoch genug bewertet werden. Schade nur, dass Europäer dem geistlich bislang nicht ansatzweise gewachsen sind.

Der spirituelle Konflikt um Jerusalem und den Tempelberg spitzt sich zu, sehr zum Leidwesen Israels. Doch das verschließt sich der Hybris eines aufgeklärten europäischen Kontinents, wie ein Tagesschau-Hintergrundbericht vom 22. April zu den roten Kühen beweist. Dieser bringt es nicht fertig, darüber zu berichten, ohne einseitig antizionistische Christen zu zitieren und die Sache damit zu diskreditieren und in eine fanatisch-extremistische Ecke zu schieben. Globale Medien wie CBS in Amerika und selbst der arabische Fernsehsender Al-Dschasira berichten hier neutraler.

Mehr Informationen über den in der Bibel erwähnten Gog- und Magog-Krieg finden Sie hier.

Dieser Artikel erschien zuerst in unserer Zeitung „Israelaktuell“, Ausgabe 137. Sie können die Zeitung hier kostenlos bestellen. Gerne senden wir Ihnen auch mehrere Exemplare zum Auslegen und Weitergeben zu.

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