Seit etwa zwei Monaten ist Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grüne) Deutschlands Außenministerin. Um zu zeigen, dass ihr die Freundschaft zu Israel und eine Lösung für die Konflikte im Nahen Osten wichtig ist, besucht sie drei Tage die Region.
Am Donnerstag traf sie sich in Tel Aviv mit ihrem israelischen Amtskollegen Jair Lapid (Jesch Atid) zu Gesprächen. Deutschland stehe an der Seite Israels und zeige sich weiter solidarisch, merkte Baerbock auf einer gemeinsamen Pressekonferenz an. Die Vergangenheit „ist Auftrag für die Zukunft“. Die deutsche Außenministerin bezeichnete den Kampf gegen den wachsenden Antisemitismus als gemeinsames Ziel. Nach ihrem Willen soll der Jugendaustausch der beiden Länder ausgeweitet werden.
Die sogenannte „Zwei-Staaten-Lösung“, die die westliche Welt anvisiert, sprach Baerbock ebenso an. Diese sei weiterhin „die beste Option“ für beide Seiten. Sie betonte die Bedeutung der „Zwei-Staaten-Lösung“ für einen echten Frieden in der Region. „Es gibt keine Stabilität ohne Hoffnung“, erklärte Baerbock.
Die israelische Regierung lehnt eine „Zwei-Staaten-Lösung“ weiter ab. Außenminister Lapid zeigt sich jedoch um den Frieden bemüht: Die Regierung richte sich nach dem Motto „keinen Schaden anrichten“. Sie werde keine Politik betreiben, die eine friedliche Lösung verhindern würde.
Auch die Verhandlungen über ein Iran-Abkommen wurden von beiden Amtsträgern besprochen. Lapid warnte vor der Presse: „Ein nuklearer Iran gefährdet nicht nur Israel, sondern die ganze Welt.“ Er machte deutlich, dass die Sicherheit Israels in Gefahr stehe und der Westen dies sehen und seine Politik ändern müsse.
Weitere Themen besprachen die Außenminister im vertraulichen Gespräch. Baerbock hatte ungewöhnlicherweise die Klima- und Energiepolitik auf die Tagesordnung gehievt. Sie befürchtet höhere Temperaturen und größere Wasserknappheit im Nahen Osten. Doch durch die aufkeimenden diplomatischen Beziehungen zu arabischen Ländern „öffnen sich enorme neue Chancen für den Bereich Klima und Energie“, sagte die Außenministerin. Weiter sicherte sie Israel besondere Rechte bei Waffenlieferungen zu. Innerhalb der deutschen Regierung gibt es derzeit einen Dissenz, inwiefern Waffen international ausgeliefert werden sollen. Erst im Januar kaufte Israel deutsche U-Boote für knapp drei Milliarden Euro.
Iran auch Thema bei Treffen mit Premier Bennett
Ein Tagesordnungspunkt der politischen Reise war ein kurzes Treffen mit Israels Premier Naftali Bennett (Jamina). Er sagte, Israel glaube, dass eine Rückkehr zum Atomabkommen von 2015 „ein Fehler“ sei, „der die gesamte Region gefährden würde“. Bennett wies Baerbock darauf hin, dass seiner Meinung nach eine Frist für die Gespräche gesetzt werden müsse. Denn nur so könne der Iran davon abgehalten werden, Uran anzureichern.
Im Dialog besprachen die Außenministerin und der Premier weitere regionale Angelegenheiten im Nahen Osten. Die medizinische Zusammenarbeit in der Bekämpfung der Corona-Pandemie wurde ebenso angesprochen. Im Anschluss traf Baerbock Vertreter der Unabhängigen Kommission für Menschenrechte.
Zum Auftakt ihres Besuches in Israel hatte Baerbock einen Kranz in der Jerusalemer Holocaustgedenkstätte Yad Vashem niedergelegt. Dort bekundete sie ihre Erschütterung über den Mord an Millionen Juden durch die Nationalsozialisten.
Besuch in den palästinensischen Gebieten
Die Wiederaufnahme von Friedensgesprächen und die „Zwei-Staaten-Lösung“ sprach Außenministerin Baerbock auch bei ihrem Besuch in Ramallah an. Im Gespräch mit dem palästinensischen Außenminister Raid al-Maliki (Fatah) sicherte sie der palästinensischen Bevölkerung ihre Unterstützung zu. Gleichzeitig forderte sie weitere Bemühungen der Palästinenser bei Menschenrechten, Demokratie und einem friedvollen Umgang mit Israel.
Baerbock wertete allerdings erste Schritte der neuen Regierung Israels in Richtung der Palästinenser als Erfolg: „Ich bin froh, dass die Eiszeit der letzten Jahre zumindest etwas überwunden scheint.“ Ihr palästinensischer Kollege beklagte unterdessen, dass vonseiten der Israelis kein Interesse zu tieferen Friedensgesprächen bestehe. Er äußerte den Wunsch, „dass Deutschland Israel überzeugen wird, sich mit uns an einen Tisch zu setzen“.
In Ramallah traf die deutsche Außenministerin außerdem den Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmud Abbas (Fatah). Im vertraulichen Rahmen berieten sie über regionale Fragen. Baerbock äußerte sich bei ihrem Besuch in den palästinensischen Gebieten zum jüngsten Bericht der Menschenrechtsorganisation „Amnesty International“ (AI). In diesem wird Israel der Vorwurf gemacht, Palästinenser zu unterdrücken. Auch der Begriff „Apartheid“ fällt. Baerbock distanzierte sich von dem „Apartheid“-Vorwurf gegen Israel und nannte ihn „falsch“ und „kontraproduktiv“. Zuvor hatten die deutsche Bundesregierung und weitere Staaten den Bericht kritisiert. Abbas hatte sich einen Tag nach Veröffentlichung des Berichts mit der Generalsekretärin von AI getroffen und zeigte sich angetan.
Am Freitag setzt Außenministerin Baerbock ihre Nahost-Reise fort. In Jordanien ist ein Treffen mit ihrem Amtskollegen Ajman Safadi geplant. Am Samstag folgt Baerbocks letzter Halt: Ägypten. Dort möchte sie mit Außenminister Samih Schukri über stärkere diplomatische Beziehungen ins Gespräch kommen. Da im November in Ägypten die Weltklimakonferenz stattfindet, wird es außerdem einen Austausch über Bemühungen im Klimaschutz geben.