Trauertag: Juden erinnern an zerstörte Tempel

Trauertag: Juden erinnern an zerstörte Tempel

So könnte der Zweite Tempel ausgesehen haben. Foto: יהודה, Wikipedia | CC BY-SA 3.0 Unported

Der 9. Tag des jüdischen Monats Av, „Tischa BeAv“, ist ein Trauertag. Er hat mehrere Anlässe. Juden fasten von Sonnenuntergang bis Sonnenuntergang. In diesem Jahr begannen sie damit am Abend des 6. August.

Ein zentrales Thema an Tischa BeAv sind die beiden jüdischen Tempel in Jerusalem. Den Ersten Tempel zerstörten die Babylonier im Jahr 586 vor der Zeitrechnung. Der Zweite Tempel wurde während des Jüdischen Krieges im Jahr 70 nach Christus von römischen Truppen zerstört. Diese beiden für Juden traumatischen Ereignisse ereigneten sich der Überlieferung zufolge jeweils am 9. Av.

Erinnerung an jüdisches Leben auslöschen

Weitere Katastrophen sind mit diesem Datum verbunden. So schlugen die Römer im Jahr 135 endgültig den jüdischen Aufstand nieder und töteten am 9. Av den Anführer Simon Bar Kochba. In ihn hatten Juden große Hoffnungen gesetzt, vielen galt er sogar als Messias.

Danach erklärte Kaiser Hadrian Jerusalem zur römischen Militärkolonie Aelia Capitolina. Juden durften die Stadt nicht betreten. Das gesamte Gebiet wurde „Palästina“ genannt, dadurch wollten die Römer jede Erinnerung an das jüdische Leben in der Region auslöschen. Ein Jahr später wurde Jerusalem erneut zerstört, auch das geschah am 9. Av.

An furchtbare Ereignisse erinnern Juden auch im Zusammenhang mit dem Mittelalter und der Neuzeit: Im Jahr 1290 wurde die Ausweisung der Juden aus England verfügt, 1492 begann die Vertreibung der Juden aus Spanien. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges am 1. August 1914 fiel ebenfalls auf den Tischa BeAv. Und 1942 begannen an diesem Datum die Massendeportationen von Juden aus dem Warschauer Ghetto.

Eine biblische Katastrophe

Zudem erinnern Juden an ein Ereignis aus biblischer Zeit: Bevor das Volk Israel ins Gelobte Land einziehen konnte, sandte Mose zwölf Kundschafter dorthin. Diese kehrten mit vielen Früchten zurück. Zehn von ihnen erzählten aber auch von Riesen, die im Lande Kanaan lebten. Daraufhin verloren die meisten Israeliten ihr Gottvertrauen. Als Strafe durfte ihre Generation mit Ausnahme der beiden rechtschaffenen Kundschafter Josua und Kaleb das verheißene Land nicht betreten.

Die Episode wird in 4. Mose 13 berichtet. Dort findet sich zwar keine Datumsangabe. Aber nach jüdischer Überlieferung ereignete sich der folgenschwere Sinneswandel des Volkes am 9. Av. Auch deshalb begehen Juden an diesem Datum einen Trauertag, an dem sie fasten und nicht die Tora studieren. Denn in Psalm 19,9 steht geschrieben: „Die Befehle des HERRN sind richtig und erfreuen das Herz.“ In der Liturgie wird aus dem Buch der Klagelieder gelesen.

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