Ukraine: Lebensmittelaktion läuft auf Hochtouren

Ukraine: Lebensmittelaktion läuft auf Hochtouren

Koen Carlier und das lokale CSI-Team verteilen unzählige Lebensmittelpakete an bedürftige Juden in der Ukraine. Alle Fotos: CSI

Auch in der Ukraine sind die zahlreichen Winter-Feiertage nun vorbei – das jüdische Chanukka-Fest, das westeuropäische Weihnachten, das seit Sowjetzeiten groß gefeierte Neujahrsfest und das orthodoxe Weihnachten der Ostkirche kurz nach dem Dreikönigstag. Das alte Jahr endete mit den heftigsten russischen Angriffen seit Kriegsbeginn vor nun schon fast zwei Jahren.

Die Menschen sind emotional und körperlich erschöpft; viele können selbst mit Medikamenten nicht mehr schlafen. Die Sorgen aufgrund der andauernden Bedrohung durch Russland und einer anstehenden weiteren Mobilmachungswelle in der Ukraine sind riesig. Und: es ist klirrend kalt. Mitten in all diese Not bringt unser Team vor Ort Hoffnung in die jüdischen Häuser.

„Unsere Lebensmittelaktion läuft auf Hochtouren“, sagt Koen Carlier, Leiter der Arbeit in der Ukraine. „Wir beginnen jeden Arbeitstag mit einem gemeinsamen Gebet, dann geht es an die Arbeit. In der Lagerhalle einer befreundeten Gemeinde packen wir tonnenweise Lebensmittellieferungen aus dem Großhandel in Lebensmitteltüten, auf denen das Psalmwort aufgedruckt ist: ‚Siehe, der Hüter Israels schläft und schlummert nicht.‘ Die meisten unserer freiwilligen Helfer kommen aus schwierigen Verhältnissen, einige von ihnen sind in Kinderheimen aufgewachsen. Wir sind so dankbar für jeden einzelnen von ihnen! Die Fotos wurden von Alisa gemacht, die aus Mariupol geflohen ist, nachdem sie dort die ersten schrecklichen Kriegswochen in einem Keller verbracht hatte. Jetzt ist sie Teil unseres Teams.“

Die Verteilung der Lebensmittel läuft auf Hochtouren – immer wieder unterbricht Luftalarm die Einsätze.

Wenn wieder einige tausend Lebensmittelpakete in Sack und Tüten sind, macht sich das Team auf den Weg, diese in den jüdischen Gemeinden in der ganzen Ukraine zu verteilen. Eine große Gemeinde befindet sich in Saporischschja, mehr als 600 Kilometer von unserer Basis entfernt.

„Die Synagoge war voll; mehr als 300 Gemeindemitglieder haben uns erwartet, die meisten von ihnen ältere Juden“, berichtet Koen. „Ich habe ihnen erzählt von dem Wunder der Rückkehr der Juden nach Israel, von unseren vielen Evakuierungsfahrten mit jüdischen Flüchtlingen in unserem Bus und von den vielen christlichen Freunden, die an ihrer Seite stehen und diesen Dienst möglich machen. Zum Schluss haben wir gemeinsam ein Lied gesungen, das die Sehnsucht nach Frieden und nach dem baldigen Kommen des Messias ausdrückt. Dann durfte sich jeder ein Lebensmittelpaket vom Lastwagen abholen. Gerade als jeder ein Paket hatte, ging in der Stadt der Luftalarm los und wir mussten uns in den Schutzraum der Synagoge begeben.“

Die große Industriestadt Saporischschja (eine Million Einwohner) und ihre Vororte werden immer noch regelmäßig mit Kinschal-Raketen und Drohnen bombardiert. Die Kampffront zwischen der russischen und der ukrainischen Armee liegt nur etwa 25 Kilometer entfernt. In Energodar, 40 Kilometer von Saporischschja entfernt, befindet sich das größte Kernkraftwerk Europas. Diese Stadt ist bislang in russischer Hand. 

Zahlreiche Lebensmittelpakete ausgeliefert

Dann machten sich unsere Fahrer bei Glatteis und viel Neuschnee auf den Weg in weitere jüdische Gemeinden: Odessa und Dnepr im Süden, Belaja Zerkow und Kiew im Zentrum, Lwow und Uschgorod im Westen und Sumy im Norden.

In Sumy – 400 Kilometer nördlich von Kiew und nahe an der russischen Grenze gelegen, wurde unser Team von Lisa, Leiterin des jüdischen Sozialwerks Chesed, in der alten Synagoge empfangen. Lisa hat viele Jahre bei der israelischen Einwanderungsorganisation Jewish Agency gearbeitet und schätzt unsere Hilfe in beiden Bereichen – bei der Rückkehr der Juden nach Israel und bei der Unterstützung der bedürftigen jüdischen Senioren, die nicht mehr mobil sind und in ihrem Heimatort in der Ukraine Hilfe brauchen.

Larissa und Viktoria

Es gibt Gerüchte über neue russische Truppenbewegungen an der Grenze nahe Sumy. Viele Einwohner sind auf das Äußerste angespannt. In Sumy fuhr unser Team durch Wohngebiete, die von Russland stark bombardiert worden waren.

„Dort haben wir die 76-jährige Larissa und ihre Tochter besucht“, berichtet Koen. „Sie waren erst vor wenigen Tagen aus der kleinen Stadt Seredina geflohen, die nur 500 Meter von der russischen Grenze entfernt liegt. Als wir ihr das Lebensmittelpaket überreicht haben, ist Larissa in Tränen ausgebrochen. Sie hat uns von den Schrecken erzählt, die sie durchgemacht haben. Fast ihr gesamter Heimatort ist in Schutt und Asche gebombt worden. Es war schlimm für sie, alles zurücklassen und fliehen zu müssen, nur mit ein paar Habseligkeiten und ihren Papieren. Die jüdische Gemeinde in Sumy hat ihnen geholfen, eine Mietwohnung zu finden.“

Viktoria ist ganz auf sich allein gestellt. Die Lebensmittel bedeuten ihr ebenso viel wie ein offenes Ohr.

Auch Viktoria bekam unerwarteten Besuch von unserem Team. Diese jüdische Frau ist ganz allein. Sie hatte nie eine eigene Familie, und sie hat auch keine Angehörigen mehr. Sie war unendlich dankbar für ein offenes Ohr und ein Lebensmittelpaket.

So dankbar

Zu Jahresende wurden erneut Dutzende von Raketen und Drohnen auf Wohngebiete, Krankenhäuser und Schulen in der Ukraine abgefeuert. Wir können mit Dankbarkeit darauf zurückblicken, dass unser Team über die Feiertage 26.000 Kilo Lebensmittel in 2600 Geschenktüten verpacken und ausliefern konnte – und das unter den rauen Witterungsbedingungen des ukrainischen Winters.

Aber die Arbeit ist noch nicht beendet! Wir machen weiter – mit Ihrer Hilfe! Die nächsten Tonnen Lebensmittel sind bereits unterwegs.

Ein Lebensmittelpaket kostet 15 Euro. Wollen Sie uns helfen, die Not in der Ukraine ein wenig zu lindern? Hier können Sie spenden.

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