Der Monat Av: Tragödie und Triumph, Trauer und Jubel

Der Monat Av: Tragödie und Triumph, Trauer und Jubel

Modell des Zweiten Tempels
Ein Modell des Zweiten jüdischen Tempels in Jerusalem. Beide jüdische Tempel wurden jeweils am 9. Tag des Monats Av zerstört. Foto: Dana Nowak

Der jüdische Monat Av, der meist in die Zeit von Juli und August fällt, ist ein Monat der gemischten Gefühle: In diesem Monat ereigneten sich in der Vergangenheit große Unglücke wie die Zerstörung der beiden jüdischen Tempel. Doch in den Schmerz des Av mischt sich auch eine Hoffnung.

Von Rabbi Tuly Weisz, Übersetzung aus dem Englischen Marie-Louise Weissenböck

Der Monat Av, der fünfte Monat des religiösen jüdischen Kalenders, ist ein Monat der gemischten Gefühle. In der Bibel ist es der Monat, in dem die Spione ihren schlechten Bericht zurückbrachten. Auch starb Aaron, der erste Hohepriester und Bruder von Mose und Mirjam, im Alter von 123 Jahren am 1. Av im jüdischen Jahr 2487 (1274 vor Christus). Dies ist das einzige Sterbedatum, das in der Bibel ausdrücklich genannt wird: „Da ging der Priester Aaron auf den Berg Hor nach dem Befehl des HERRN und starb dort im vierzigsten Jahr des Auszugs der Israeliten aus Ägyptenland am ersten Tag des fünften Monats, als er hundertdreiundzwanzig Jahre alt war.“ (4. Mose 33,38)

Am bekanntesten ist er jedoch als der Monat, in dem der Tempel in Jerusalem zerstört wurde. „Und im fünften Monat, am Siebten des Monats, das war das neunzehnte Jahr des Königs Nebukadnezar, des Königs von Babel, kam Nebusaradan, der Oberste der Leibwache, der Knecht des Königs von Babel, nach Jerusalem. Und er verbrannte das Haus des HERRN und das Haus des Königs; und alle Häuser Jerusalems und jedes große Haus verbrannte er mit Feuer.“ (2. Könige 25,8-9)

Der Name des Monats Av bedeutet wörtlich „Vater“. Es ist üblich, dem Monatsnamen das hebräische Wort Menachem hinzuzufügen, das „Tröster“ bedeutet, da dieser Monat mit vielen tragischen Ereignissen in Verbindung gebracht wird, darunter die Zerstörung des Ersten und Zweiten Tempels in Jerusalem. Zusammen mit diesem Zusatz bedeutet der Name des Monats, dass unser Vater im Himmel trotz aller Tragödien, die wir erleben, immer da ist, um zu trösten
und zu ermutigen.

Doch der Monat Av ist nicht nur negativ. Trotz der schrecklichen Tragödien, die sich ereignet haben, enthält Av auch einen der glücklichsten Tage im jüdischen Kalender. Nach Rabbi Simeon, dem Sohn von Gamliel, „gab es für Israel keine größeren Feste als den 15. Av und Jom Kippur (Versöhnungstag)“.

Auf Leid folgt Freude

Wie können wir verstehen, dass dieser Monat zugleich tragische und freudige Emotionen auslöst? Warum enthält er sowohl den traurigsten Tag des Jahres als auch einen der fröhlichsten? Dieser Übergang von intensiver Trauer zu großer Freude findet in diesem Monat auf verschiedene Weise Ausdruck. Der 15. Av wird nicht nur als ein glücklicher Tag angesehen, sondern es gibt auch eine jüdische Tradition, dass der Messias zu dieser Zeit geboren werden wird.

Tatsächlich berichten die jüdischen Weisen, dass der Messias genau an dem Tag geboren werden wird, an dem die Tempel zerstört wurden: am 9. Av. Dies lehrt uns, dass sich die Tragödien und das Leid, die mit dem 9. Av verbunden sind, mit dem Kommen des Messias in Freude verwandeln werden.

Hoffnung auf Erlösung

Mit anderen Worten: Selbst zu Beginn des Exils und der Zerstörung des Tempels verspricht Gott, dass eines Tages der Messias kommen wird. Bei der Aussage der Weisen geht es nicht im Wesentlichen um die Vorhersage, wann der Messias geboren wird, sondern darum, darauf hinzuweisen, dass selbst in völliger Dunkelheit ein Licht in der Ferne zu sehen ist. Oder anders ausgedrückt, dass in der Zerstörung selbst die Saat der Erlösung enthalten ist.

Diese Umwandlung von Zerstörung in Erlösung kommt auch im Übergang vom 9. Av zum 15. des Monats zum Ausdruck. Die Weisen lehren, dass am 15. Av eine Reihe von Ereignissen stattgefunden hatte, darunter das Ende des Dekrets Gottes, dass eine ganze Generation von Juden in der Wüste sterben würde, bevor sie das Land Israel betreten konnte, die Erlaubnis für Angehörige verschiedener Stämme, untereinander zu heiraten, wodurch eine schmerzhafte Spaltung zwischen den Stämmen Israels beendet wurde, und die Aufhebung des Dekrets von König Jerobeam, dass es den Stämmen des Königreichs Israel nicht erlaubt war, zum Tempel in Jerusalem zu pilgern. Der 15. Av ist daher ein Tag der Erneuerung und Versöhnung.

Die Weisen lehren, dass, „wenn der Monat Av anbricht, wir unser Glücksgefühl zurücknehmen“ sollen. Obwohl der Av derzeit noch eine Zeit der Trauer ist, gibt es Hoffnung am Horizont. Die Erlösung wird kommen und die vorübergehende Trauer des Monats Av wird sich in dauerhafte Freude verwandeln. Wie der Prophet Sacharja schreibt: „So spricht der HERR der Heerscharen: Das Fasten des vierten, fünften, siebenten und zehnten Monats soll dem Hause Juda zur Freude und Wonne und zu fröhlichen Festzeiten werden. Liebt Wahrheit und Frieden!!“ (Sacharja 8,19)

Dieser Artikel erschien zuerst auf theisraelbible.com

Rabbi Tuly Weisz ist Gründer der ultra-orthodoxen Einrichtung Israel365, die sich für Brücken zwischen Juden und Christen einsetzt, und Herausgeber der Israel-Bibel, der ersten Bibel, die die Beziehung zwischen dem Land und dem Volk Israel beleuchtet. Rabbi Tuly ist unter anderem Kolumnist für Israel365news, die Jerusalem Post, Fox News und Newsmax. Seine Themenschwerpunkte sind Israel, die Bibel und jüdisch-christliche Beziehungen. Er lebt mit seiner Frau und seinen sechs Kindern in Ramat Beit Schemesch, Israel.

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