Gedenken an Hamas-Massaker: Steinmeier warnt vor leichtfertiger Verurteilung Israels

Gedenken an Hamas-Massaker: Steinmeier warnt vor leichtfertiger Verurteilung Israels

Gedenken an den 7. Oktober
Vertreter aus Politik und Gesellschaft, darunter Bundespräsident Steinmeier (3. v. l.) und Außenministerin Baerbock (l.), gedenken am 7. Oktober des Hamas-Überfalls auf Israel. Alle Fotos: CSI

Am Jahrestag des Hamas-Großangriffs auf Israel hat sich Bundespräsident Steinmeier klar an die Seite Israels gestellt. Die Stadt Berlin sendete am Abend ein besonderes Zeichen der Solidarität mit den Geiseln in die Welt.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat angesichts des Krieges im Nahen Osten vor einer leichtfertigen Verurteilung Israels gewarnt. „Ja, ich wünsche mir ein Ende des Sterbens im Nahen Osten, aber ich möchte dafür werben, in einer verzweifelten Lage der Region nicht nur auf die einfachen, meist vereinfachenden Ratschläge zu setzen“, erklärte das Staatsoberhaupt am Montag bei einem interreligiösen Gottesdienst in der Berliner Gedächtniskirche zum Gedenken an die Opfer des Hamas-Massakers vom 7. Oktober 2023. 

„Die Toten in Gaza, den Hunger, die Zerstörung hätte es nicht gegeben ohne den Überfall und die Massaker vom 7. Oktober vergangenen Jahres. Dass Israel sich gegen eine fundamentale Bedrohung seiner Sicherheit zur Wehr setzen würde, das wusste die Hamas nicht nur, es war das zynische Kalkül der Terroristen, Israel in einen Krieg in Gaza hineinzuziehen; einen Krieg, in dem Zivilisten als Schutzschild für militärische Stellungen missbraucht worden sind und zehntausende Unschuldige ihr Leben verloren haben“, sagte Steinmeier.

„Sie müssen endlich nach Hause kommen!”

Mit Blick auf die noch immer mehr als 100 Geiseln im Gazastreifen betonte der Bundespräsident, Deutschland setze sich mit aller Kraft für die Freilassung der Verschleppten ein. „Die Freilassung der Geiseln muss höchste Priorität behalten. Sie müssen endlich nach Hause kommen. Nach Hause zurückkehren, das müssen auch die können, die schon kurz nach dem 7. Oktober vom täglichen Raketenhagel der Hisbollah vertrieben worden sind.“ Zehntausende Israelis seien auf der Flucht vor tödlicher Bedrohung irgendwo in Israel untergebracht, weil die Angriffe der Hisbollah das Leben und Überleben im Norden unmöglich gemacht hätten.

Steinmeier bezeichnete den 7. Oktober als eine Zäsur. Dieser Tag habe ein tiefes Trauma für Juden ausgelöst, nicht nur in Israel, sondern auf der ganzen Welt. „Israel, das war ihr sicherer Hafen, sie wussten, sie fühlten, egal was passiert, wir können immer nach Israel.“ Dieses Wissen sein nun erschüttert, so Steinmeier. Er betonte weiter, Deutschland habe die Verantwortung, „an der Seite Israels zu stehen, wenn die Heimstatt von Jüdinnen und Juden angegriffen wird und die Sicherheit und die Existenz Israels bedroht sind“. 

Judenhass niemals dulden

Den zunehmenden Antisemitismus in Deutschland verurteilte Steinmeier scharf. Er äußerte Verständnis über den Schmerz, die Wut und Ohnmacht angesichts des Krieges im Nahen Osten. „Aber so aufgewühlt wir auch sein mögen, wir dürfen darüber nicht unseren Kompass verlieren. Vor lauter Zerrissenheit dürfen wir nicht hinnehmen, was nicht hinnehmbar ist. Wenn Wohnungen von Juden markiert und beschmiert werden, wenn Brandsätze auf Synagogen fliegen, wenn jüdische Studierende an ihren Universitäten bedroht werden, wenn auf Demonstrationen ein Naher Osten ohne Israel gefordert wird, dann ist das Antisemitismus, dann ist das Judenhass und das dürfen und werden wir niemals dulden.“

Bundespräsident Steinmeier im Gespräch mit Alon Gat
Bundespräsident Steinmeier (r.) im Gespräch mit Alon Gat, einem Überlebenden des Hamas-Massakers. Gats Mutter und Schwester wurden von der Hamas entführt. Seine Frau war als Geisel im Gazastreifen.

Evangelischer Bischof: Hamas und Hisbollah für Leid verantwortlich

Der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Christian Stäblein, betonte in seiner Begrüßung, der 7. Oktober sei noch immer nicht vorbei. Noch immer seien 101 Geiseln im Gazastreifen gefangen. An Alon Gat gerichtet, einen anwesenden Überlebenden des Massakers, sagte Stäblein: „Wir sind an deiner Seite, wir weinen mit dir, wir schreien mit dir und wir fragen mit dir. Und wir sagen, lasst die Geiseln endlich frei. Macht dem Terror ein Ende, jetzt sofort!“ 

Das Massaker vom 7. Oktober sei seit dem Holocaust einmalig und unaussprechlich gewesen. „Aber wir müssen es sagen, um auch denen entgegenzutreten, die es leugnen oder sich über die Toten erheben oder gar jubeln.“ 

Stäblein benannte das Leid der Israelis, aber auch das Leid „der vielen in Gaza, die Tränen der Kinder, der Hunger, die Zerstörung der Schrecken, die Toten – wir weinen mit, und ja, das Leid der Palästinenser und der Menschen im Libanon berührt uns.“ Doch all dieses Leid, so betonte Stäblein, „ist verantwortet von der Hamas und der Hisbollah“. 

An der Gedenkfeier nahmen unter anderem auch Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, teil. Im Anschluss an die Veranstaltung zogen die Teilnehmer in einem stillen Gedenkmarsch zum Jüdischen Zentrum in der Fasanenstraße. 

Gedenken an den 7. Oktober
In einem stillen Gedenkmarsch zogen die Teilnehmer von der Gedächtniskirche zum Jüdischen Zentrum in der Fasanenstraße.

Dort forderte Botschafter Prosor eine härtere Strafverfolgung antisemitischer Vorfälle. „Die deutsche Gesetzgebung muss dringend nachsteuern bei der Definition der roten Linien zwischen Meinungsfreiheit und Aufhetzung“, sagte Prosor.  

Brandenburger Tor erstrahlt in Israels Nationalfarben

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) versicherte Israel und der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland die Solidarität seiner Stadt. Er betonte, so lange es noch Geiseln im Gazastreifen gebe, bleibe die Israelflagge vor dem Roten Rathaus in Berlin hängen.

Brandenburger Tor in Isrealfarben
Das Brandenburger Tor erstrahlte am 7. Oktober als Zeichen der Solidarität in den israelischen Nationalfarben.

Die Bundeshauptstadt sendete am Abend ein weiteres Zeichen der Solidarität mit Israel: Für zwei Stunden leuchtete das Brandenburger Tor in den Farben der israelischen Flagge. Dazu waren Schriftzüge zu lesen, die eine sofortige Rückkehr der Geiseln forderten. Wegner teilte dazu mit: „Berlin sendet ein Zeichen in die Welt, dass wir an der Seite Israels stehen, dass wir mit den Familien der Geiseln hoffen, dass Menschlichkeit und Mitgefühl immer stärker sein werden als der Hass.“

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