SOS Ukraine: Schlaflosigkeit im Grenzgebiet und Blumen im Bus

SOS Ukraine: Schlaflosigkeit im Grenzgebiet und Blumen im Bus

In den Flüchtlingslagern im Grenzgebiet zur Ukraine erhalten die jüdischen Flüchtlinge eine Stärkung. Foto: C4I

Tag und Nacht arbeitet das Team von Christen an der Seite Israels in der Ukraine und den angrenzenden Ländern unermüdlich, um jüdische Flüchtlinge in Sicherheit zu bringen. Seit Beginn des Krieges hat CSI mehr als 2.000 Juden bei der Flucht aus der Ukraine geholfen – dank der zahlreichen Spenden, die uns bisher erreichten, war diese lebensrettende Unterstützung möglich. Im folgenden Bericht erzählt der Leiter unseres Hifsteams in der Ukraine, Koen Carlier, von seinem derzeitigen Alltag. Dieser ist geprägt von schlaflosen Nächten, chaotischen Zuständen und der ein oder anderen Überraschung.

Von: Koen Carlier, Leiter des CSI-Teams in der Ukraine; Übersetzung aus dem Englischen und redaktionelle Bearbeitung von Dana Nowak

Vergangene Nacht habe ich nur eine Stunde lang geschlafen. Wie das kommt? Das erfahren Sie in diesem Bericht, den ich am 10. März in einem Flüchtlingslager an der rumänischen Grenze beim Frühstück mit 250 jüdischen Flüchtlingen geschrieben habe:

In einem unserer letzten Artikel hatten wir von jüdischen Flüchtlingen berichtet, von denen ein Teil nach einem Zwischenstopp in der CSI-Unterkunft in der Westukraine zur moldawischen Grenze kam. Der andere Teil kam aus Belaya Zerkow, in der Nähe von Kiew. Unser Plan war eigentlich, dass alle Flüchtlinge von einem Ort in der Westukraine aus starten und wir von dort aus gemeinsam zur Grenze gehen. Aber die Gruppe aus Belaya Zerkow meinte: „Nein, wir werden selbst zur Grenze kommen, und dann werden wir sehen.“ Doch das „dann werden wir sehen“, machte die Sache schwierig. Wir mussten fünf Stunden an der moldawischen Grenze auf die Gruppe aus Belaya Zerkow warten. Aber schließlich konnten die jüdischen Flüchtlinge ausreisen, direkt nach Bukarest, wo die israelische Einwandererorganisation Jewish Agency ein Hotel für sie organisiert hatte.

Wie kommt es, dass die Wartezeiten so lang sind?

Der Zustrom von Flüchtlingen aus der Ukraine ist beispiellos. Niemand war auf diese Mengen an Menschen vorbereitet. Die Wartezeiten an den Grenzen betragen manchmal bis zu sieben oder acht Stunden. Darüber hinaus ist das Reisen in der Ukraine extrem unberechenbar und gefährlich geworden. Eine Reise, die normalerweise 3 Stunden dauert, kann unter diesen Bedingungen leicht mehr als 24 Stunden in Anspruch nehmen. Grund dafür sind Straßensperren, bombardierte Brücken und Straßen, Granatenbeschuss oder Sirenen, die vor Luftangriffen warnen. Außerdem herrscht in der Ukraine eine strenge Ausgangssperre, so dass eine Reise in der Nacht nicht möglich ist. Diese langen Wartezeiten an den Grenzen sind nicht nur in der Ukraine ein Problem, sondern aufgrund des enormen Zustroms von Flüchtlingen sind auch die Grenzen zu den Nachbarländern fast vollständig blockiert.

CSI-Mitarbeiter Koen Carlier (l.) kümmert sich um jüdische Flüchtlinge aus der Ukraine. Foto: C4I

Aber es ist noch etwas anderes passiert: Am vergangenen Montag erhielten wir einen Anruf mit der Frage, ob wir für eine weitere Gruppe von 250 jüdischen Flüchtlingen, die auf dem Weg von Dnepropetrowsk in der Ostukraine zur moldawischen Grenze waren, einen Transport nach Rumänien organisieren könnten. Zu dieser Gruppe gehörten Flüchtlinge aus Charkow, Dnepropetrowsk, Saporoschje und Mariupol. Damit begann für mich und meinen guten Freund Nick das lange Warten. Nachdem wir einen ganzen Tag auf die erste Gruppe gewartet hatten, mussten wir an der Grenze weitere zwölf Stunden auf diese Gruppe warten, bis 5 Uhr morgens. An Schlaf war kaum zu denken. Doch irgendwann war unsere Gruppe vollzählig.

Nick teilte seine Eindrücke mit mir: „Ich habe noch nie solche Angst in den Augen der Menschen gesehen. Angst, dass wir sie zurücklassen würden.“ Die Busse waren überfüllt, aber es gelang uns, alle mitzunehmen. Diese Gruppe reiste dann zu verschiedenen Orten in Moldawien und Rumänien. Wir hatten keine andere Wahl, als die Gruppe aufzuteilen, da es kaum Schlafplätze gibt. Zu unserer Gruppe gehörten einige Überlebende des Holocaust und auch Kinder. Sie waren seit mehr als 36 Stunden unterwegs, alle waren erschöpft.

Die von Koen Carlier organisierten Busse für den Transport der Flüchtlinge sind überfüllt, doch bislang wurde noch für jeden ein Platz gefunden. Foto: C4I

Nach ein paar Stunden kamen wir in Rumänien an, wo wir in einem Flüchtlingslager empfangen wurden und frühstücken durften. Alle waren froh, dass es etwas zu essen gab. Dann ging es weiter in ein Dorf. Von dort aus wird ein christliches Busunternehmen unsere jüdischen Flüchtlinge nach Bukarest oder an einen anderen Ort bringen, wo sie die Nacht verbringen können.

Unterstützung inmitten des Chaos

Es sind unruhige Zeiten. Das Chaos ist gewaltig. Glücklicherweise erhalten wir viel Unterstützung von unseren Freunden im israelischen Außenministerium, die ebenfalls an der Grenze sind und israelischen Bürgern helfen. Sie sind auch bereit, uns bei den enormen logistischen Herausforderungen zu helfen, vor denen wir stehen.

Am 8. März war der Internationale Frauentag, ein wichtiger Feiertag in der ehemaligen Sowjetunion. Zu unserer Überraschung betraten die rumänischen Zollbeamten die Busse und verteilten Blumen an alle Frauen. Das war etwas ganz Besonderes. Die meisten Flüchtlinge sind Frauen, denn die Männer zwischen 18 und 60 Jahren müssen in der Ukraine bleiben, um das Land zu verteidigen.

Eine rührende Geste: Rumänische Zollbeamte verteilen Blumen an die geflüchteten Frauen. Foto: C4I

Wir bereiten uns darauf vor, eine weitere Gruppe von 120 Flüchtlingen an der ukrainisch-moldawischen Grenze zu empfangen. In dieser Woche werden wir insgesamt mehr als eintausend jüdischen Flüchtlingen geholfen haben – aus der Ukraine, durch Moldawien und Rumänien und dann hoffentlich bald ins Gelobte Land. Gott bringt sein Volk nach Hause, wie es geschrieben steht:

„Ich will mich freuen, ihnen Gutes zu tun, und will sie gewiss in dieses Land pflanzen mit ganzem Herzen und ganzer Seele.“

(Jeremia 32,41)

Wir sind erschöpft, aber wir fühlen uns privilegiert, dem jüdischen Volk in diesen Tagen dienen zu können. Wir gehen weiter vorwärts, einen Schritt nach dem anderen. Jeder Schritt ist ein Wunder, wir leben von Tag zu Tag.

Soforthilfe

Jüdische Flüchtlinge werden von der Ukraine nach Moldawien gebracht. Da der Luftraum in Moldawien gesperrt ist, werden die Menschen anschließend mit Bussen weiter nach Rumänien gefahren. Von dort aus geht es nach Israel. Die Kosten für einen voll besetzten Bus betragen 4.000 Euro, das sind etwa 100 pro Person.

Bitte unterstützen Sie unsere Notfallkampagne und helfen Sie uns dabei, jüdische Flüchtlinge in Sicherheit zu bringen. Jedes Gebet, jede Spende zählt! Wir danken Ihnen im Voraus für Ihre Unterstützung!

Hier können Sie spenden: https://csi-aktuell.de/spenden/

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