Nach Auszählung aller Stimmen bestätigt sich: Der Block von Likud-Chef Netanjahu hat eine absolute Mehrheit der Mandate. Die linke Meretz-Partei scheitert an der Prozenthürde.
Der israelische Premierminister Jair Lapid (Jesch Atid) hat seine Wahlniederlage eingeräumt. Er gratulierte dem bisherigen Oppositionsführer Benjamin Netanjahu (Likud) am Donnerstagabend zum Sieg. „Der Staat Israel steht über jeglichen politischen Erwägungen“, zitiert ihn die Onlinezeitung „Times of Israel“. „Ich wünsche Netanjahu Glück für das Volk Israel und den Staat Israel.“
Kurz zuvor hatte der Zentrale Wahlausschuss das vorläufige Endergebnis bekanntgegeben. Demnach wird der Likud mit 32 der 120 Sitze erneut größte Fraktion in der Knesset. Netanjahus Bündnis aus rechtsgerichteten und religiösen Parteien kommt auf 64 Mandate.
Lapids Partei „Jesch Atid“ belegt mit 24 Sitzen Platz 2. Die mit ihm bisher in der Regierung vertretenen Parteien erhalten insgesamt nur 51 Mandate. Der arabische Zusammenschluss Hadasch-Ta’al, der 5 Sitze erlangt hat, hatte vor den Wahlen klargestellt, dass er mit keinem der beiden Blöcke koalieren will.
Das vorläufige offizielle Endergebnis – in Klammern steht die Veränderung im Vergleich zu 2021:
» Likud: 32 Sitze (+2) – 23,41 Prozent
» Jesch Atid: 24 (+7) – 17,78 Prozent
» Religiöser Zionismus/Jüdische Stärke: 14 (+8) – 10,83 Prozent
» Staatslager: 12 (-2) – 9,08 Prozent
» Schass: 11 (+2) – 8,24 Prozent
» Vereinigtes Tora-Judentum: 7 (0) – 5,88 Prozent
» Israel Beiteinu: 6 (-1) – 4,49 Prozent
» Ra’am: 5 (+1) – 4,07 Prozent
» Hadasch-Ta’al: 5 (0) – 3,75 Prozent
» Avoda: 4 (-3) – 3,69 Prozent
Drei Parteien aus Parlament ausgeschieden
Das erste Mal seit ihrer Gründung im Jahr 1992 nicht mehr im Parlament vertreten ist die linksgerichtete Meretz-Partei unter Sahava Gal-On. Sie scheiterte mit 3,16 Prozent knapp an der 3,25-Prozent-Hürde. Die Arbeitspartei hat es mit 3,96 Prozent gerade noch in die Knesset geschafft.
Die Liste Jüdisches Haus, für die Innenministerin Ajelet Schaked (Jamina/Neue Rechte) als Führungsfigur angetreten war, erlangt hingegen keinen Knessetsitz. Für sie stimmten 1,19 Prozent der Wahlberechtigten. Damit scheiden gleich zwei Mitglieder der bisherigen Koalition aus dem Parlament aus.
Die arabische Oppositionspartei Balad, die sich von der bisherigen „Vereinigten Liste“ mit Hadasch-Ta’al abgespalten hatte, schaffte ebenfalls nicht den Einzug ins Parlament. Sie konnte nur 2,9 Prozent der Stimmen für sich verbuchen.
„Doppelte Umschläge“ verbrauchen besonders viel Zeit
Insgesamt haben fast 4,8 Millionen israelische Bürger einen Wahlzettel abgegeben. Die Beteiligung war mit 71,3 Prozent so hoch wie seit 1999 nicht mehr. Im März 2021 lag sie bei 67,2 Prozent.
Besonders zeitaufwendig war die Auszählung der „doppelten Umschläge“, die am Donnerstag erfolgte. Diese Wahlzettel stammen von Soldaten an Stützpunkten, Patienten in Krankenhäusern, Häftlingen in Gefängnissen und Diplomaten im Ausland. Der Ausschuss muss dabei sicherstellen, das die einzelnen Wähler nicht in einem der Wahllokale ihre Stimme abgegeben haben.
Am kommenden Mittwoch werden die offiziellen Wahlergebnisse an Staatspräsident Jitzchak Herzog übergeben. Er fragt dann jeden Parteivorsitzenden, wen er als Premierminister bevorzugt. Bis zum 16. November hat er Zeit, einen Politiker mit der Regierungsbildung zu beauftragen.