Mit Herzog wählt die Knesset den politische erfahreneren Kandidaten in das höchste Staatsamt. Die Mehrheit der Israelis hätte jedoch seine Herausforderin bevorzugt.
Jitzchak Herzog ist am Mittwoch zum elften Präsidenten des Staates Israel gewählt worden. Er erhielt bei einer geheimen Wahl in der Knesset 87 von 120 Stimmen. Auf seine Gegenkandidatin Miriam Peretz entfielen 26 Stimmen. Zwar war der Ausgang der Wahl grundsätzlich offen gewesen. So hatte die größte Parlamentsfraktion, Benjamin Netanjahus Likud, die Abstimmung für ihre Abgeordneten freigegeben. Allerdings galt Herzog als Favorit.
Der 60-Jährige war der politisch erfahrenere Kandidat. Von 2003 bis 2018 war er Knesset-Mitglied. Er diente in verschiedenen Positionen als Minister und war Oppositionsführer für die Zionistische Union, ein sozialdemokratisches Parteienbündnis, das inzwischen nicht mehr existiert. Derzeit hat Herzog das Amt des Vorsitzenden der Einwandererorganisation „Jewish Agency“ inne.
Ein israelischer Royal
Herzog kommt aus einer Familie, die einer royal-aristokratischen in Israel am nächsten kommt, wie manche Beobachter mit einem Augenzwinkern sagen. Denn viele seiner Familienangehörigen sind eng mit dem Staat verbunden. Herzogs Großvater Jitzchak HaLevi Herzog war erster Oberrabiner des Staates Israel. Sein Vater Chaim Herzog, der als Offizier im britischen Militär diente und als solcher an der Landung in der Normandie teilnahm, fungierte als sechster Präsident Israels. Herzogs Mutter Aura initiierte Ende der 1950er Jahre das berühmte Bibel-Quiz, das bis heute alljährlich am Unabhängigkeitstag ausgerichtet wird.
Im Gegensatz zu Herzog hat die 67-jährige Gegenkandidatin Peretz keine staatlich-politischen Aktivitäten vorzuweisen. Bei manchen brachte ihr das Sympathiepunkte ein, andere Kommentatoren sahen es als große Schwäche. Bekannt wurde die Witwe vor allem dadurch, dass sie 1998 und 2010 zwei ihrer Söhne in Kampfeinsätzen verlor. Hätten alle Israelis über die Wahl mitentscheiden können, hätte Peretz sich wohl durchgesetzt. Mehrere Umfragen bescheinigten ihr, die beliebtere Kandidatin zu sein. Unterstützt wurde die Sephardin, die in einer Siedlung nördlich von Jerusalem wohnt, unter anderem von den Abgeordneten der rechtskonservativen Partei „Religiöser Zionismus“.
Politisierung des Amtes
Der Staatspräsident hat in Israel wie in Deutschland vorwiegend repräsentative Aufgaben, zu denen etwa die Entgegennahme von Akkreditierungen ausländischer Botschafter oder Treffen mit Staatsgästen gehören. Er soll „den guten, angemessenen, moralischen und einzigartigen Charakter der israelischen Bevölkerung“ widerspiegeln, wie es einst das Oberste Gericht formulierte. Im politischen Tagesgeschehen spielt er nach idealer Vorstellung kaum eine Rolle.
Die Amtszeit von Herzogs Vorgänger Reuven Rivlin, die erst am 9. Juli offiziell endet, hat jedoch gezeigt, dass auch das Staatsoberhaupt politisiert werden kann. Aus dem Umfeld Netanjahus wurde Rivlin immer wieder vorgeworfen, gegen den Premier zu intrigieren. Im Kontext der innenpolitischen Blockade musste Rivlin wiederholt entscheiden, wen er mit der Regierungsbildung beauftragt. Auch im Vorfeld der jetzigen Wahl Herzogs gab es bereits politische Diskussionen. Dabei interessierten sich Beobachter vor allem dafür, ob es denkbar ist, dass der neue Amtsinhaber Netanjahu begnadigt, sollte dieser wegen Korruption verurteilt werden.