Tod von Irans Präsident Raisi: Empörung über Beileidsbekundungen von UN und EU

Tod von Irans Präsident Raisi: Empörung über Beileidsbekundungen von UN und EU

Raisi und Mochber
Nach dem Tod Raisis (l.) übernimmt Mochber übergangsweise dessen Amtsgeschäfte. Das Bild zeigt die beiden bei einer Kabinettssitzung am Anfang Mai. Foto: Iranisches Präsidialamt

Der Tod des iranischen Präsidenten Raisi sorgt für Aufsehen. Die diplomatischen Beileidsbekundungen stoßen mit ihrem Ausmaß indes auf Unverständnis.

Die Reaktionen der Vereinten Nationen und der Europäischen Union auf den Tod des iranischen Präsidenten Ebrahim Raisi haben Empörung hervorgerufen. In den Augen mancher Kritiker gingen die Solidaritätsbekundungen zu weit.

    Der israelische UN-Botschafter Gilad Erdan kritisierte etwa die Schweigeminute im Sicherheitsrat. Damit habe das Gremium seinen Kopf vor einem Massenmörder geneigt. „Was kommt als nächstes? Wird der Sicherheitsrat eine Gedenkminute im Andenken an Hitler abhalten?“, fragte Erdan mehr oder weniger rhetorisch. „Der Sicherheitsrat ist eine Bedrohung für Frieden und Sicherheit weltweit geworden.“

    Der Sicherheitsrat steht in diesem Monat unter der Präsidentschaft des Vertreters aus Mosambik, Pedro Comissário Afonso. Das Land im Südosten Afrikas unterhält seit 1993 diplomatische Beziehungen zu Israel. Am Sonntag traf sich der Rat unter anderem zum regelmäßigen Bericht über den Nahen Osten.

    UN: Flaggen auf Halbmast

    Am Dienstag setzten die UN zudem ihre Flagge auf Halbmast. Das will die Staatenorganisation als „Zeichen des Respekts“ für Raisi verstanden wissen. Sie rief alle Werke und Einrichtungen dazu auf, die Flaggen ebenfalls auf Halbmast zu setzen.

    Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), kritisierte die Maßnahme mit scharfen Worten: „Ein moralischer Absturz dieser so bedeutenden internationalen Institution.“ Mit Blick auf den UN-Generalsekretär ergänzte sie: „Und António Guterres ist offenkundig der Bruchpilot.“

    Kritik an Solidaritäts-Bekundung

    Für Empörung sorgte auch eine Mitteilung aus den Reihen der EU-Kommission. Der „Kommissar für humanitäre Hilfe und Krisenschutz“, der Slowene Janez Lenarčič (parteilos), teilte am Sonntag mit, dass die EU auf Anfrage des Iran die Suche nach Raisi mit Satellitenbildern unterstützt; Suchtrupps hatten in dem unwegsamen Gelände lange nach dem Wrack gesucht. Auf der Plattform X ergänzte er die Mitteilung durch den Hashtag „#EUSolidarity“.

    Angesichts kritischer Reaktionen versuchte Lenarčič, seinen Post zu erklären: Die Bereitstellung der Satellitendaten sei kein Akt der politischen Unterstützung. „Es ist einfach ein Ausdruck grundlegendster Humanität.“

    Kurioserweise hat der Iran auch die USA um Hilfe bei der Suche gebeten. Die beiden Regime führen keine diplomatischen Beziehungen und gelten als Erzfeinde. Der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, bestätigte den Eingang des Ersuchs. Die USA seien bereit gewesen, die Hilfe zu leisten. Doch aus „hauptsächlich logistischen Gründen“ hätten die USA schließlich abgesagt.

    EU zeigt Beileid für Raisi

    Der EU-Außenbeauftragte, der Spanier Josep Borrell, bekundete im Namen des Staatenverbunds Beileid für Raisi. „Die EU drückt den Familien aller Opfer und den iranischen Bürgern ihre Sympathien aus.“ Auch der EU-Ratspräsident, der Belgier Charles Michel, kondolierte und drückte sein „aufrichtiges Beileid“ aus.

    Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jürgen Hardt, schrieb hingegen: „Von uns gibt es kein Beileid für Raisi. Unser Fokus gehört seinen politischen Gefangenen. Das Regime darf die öffentliche Ablenkung nicht nutzen, um die Hinrichtungswelle der vergangenen Wochen zu verschärfen.“

    Ähnlich wie die UN und die EU bekundete auch die Terror-Organisation Hamas ihr Beileid. Sie dankte Raisi und Amir-Abdollahian für die Unterstützung des „palästinensischen Widerstands“. Der russische Machthaber Wladimir Putin würdigte Raisi als Politiker, der „von seinen Landsleuten zu Recht hoch geachtet wurde und im Ausland großes Ansehen genoss“.

    Chinas Präsident Xi Jinping bekundete sein „aufrichtiges Beileid“. Der Tod Raisis sei ein „großer Verlust für das iranische Volk.“

    Lieberman: Wir werden keine Träne vergießen

    Im Zusammenhang mit dem Absturz kamen unvermeidlich auch Spekulationen über etwaige Drahtzieher auf. Ein ungenannter israelischer Regierungsvertreter sagte der Nachrichtenagentur „Reuters“: „Wir waren es nicht.“

    Der Abgeordnete und frühere Außen- und Verteidigungsminister Avidgor Lieberman (Israel Beiteinu) sagte, der Tod Raisis mache keinen Unterschied mit Blick auf die iranische Politik. Diese werde durch Ajatollah Ali Chamenei bestimmt. „Es besteht jedoch kein Zweifel, dass der Präsident ein brutaler Mann war. Wir werden keine Träne vergießen.“

    Absturz im Nebel

    Raisi war am Sonntag bei einem Hubschrauberabsturz im Nordwesten des Iran ums Leben gekommen. Er hatte Aserbaidschan besucht, um dort mit Staatspräsident Ilham Alijev einen Damm am Grenzfluss Aras einzuweihen. Bei dichtem Nebel stürzte die Maschine im Dismar-Wald zwischen den Städten Varsakan und Dscholfa ab. Eine offizielle Absturzursache gaben die Behörden noch nicht bekannt.

    An Bord war auch Außenminister Hossein Amir-Abdollahian, der ebenfalls zu den Toten zählt. Zudem kamen alle sechs weiteren Passagiere ums Leben.

    Angeordnete Trauer

    Der Staatsführer des Iran, Ajatollah Chamenei, rief infolge der Todesnachricht eine fünftägige Staatstrauer aus. Eine erste Trauerzeremonie wurde am Dienstagmorgen in Tabris angehalten, es sollen weitere in anderen Städten folgen. Am Mittwoch ist eine Trauerfeier mit Staatsgästen geplant. Am Donnerstag soll Chamenei in der ostiranischen Stadt Maschhad beigesetzt werden.

    Der Iran wird am 28. Juni eine Präsidentschaftswahl abhalten. Übergangsweise übernimmt der bisherige Vizepräsident Mohammed Mochber die Amtsgeschäfte Raisis.

    Ein Präsident hätte auch Chancen auf den Posten des Staatsführers. Als ein Kandidat gilt Mojtaba Chamenei, der zweite Sohn des inzwischen 85-jährigen Ali Chamenei. Beobachtern zufolge ist dieser aber gegen die Kandidatur seines Sohnes, um dem Eindruck einer Erbfolge entgegenzuwirken.

    Feuerwerke der Freude

    In einigen iranischen Städten zündeten Iraner Feuerwerkskörper aus Freude über den Tod des Diktators. Die iranische Bevölkerung leidet unter den repressiven Maßnahmen des Regimes sowie unter einer Wirtschaftskrise.

    Raisi ist auch als „Schlächter von Teheran“ bekannt: Von Juli bis September 1988 wurden 5.000 politische Gefangene hingerichtet – etwa 100 und mehr pro Tag. Dem vierköpfigen Todestribunal gehörte Raisi als Strafverfolger an. (Israelnetz)

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